Wenn die Pilze aus dem Waldboden "schießen",
ist zumeist Spätsommer oder Herbst. Viele Pilze gedeihen auch das ganze Jahr
über, manche sogar im Winter unter Schnee und Eisdecke. Für Pilzsammler scheint
es so als ob Pilze dann am besten gedeihen, wenn die Waldbäume zu ruhen
beginnen. Eng ist die Verbindung zwischen Baum und Pilz und die Botaniker
nennen solche Beziehungen Symbiose. Die Schwammflocke der Pilze verwächst mit
dem Wurzelgeflecht eines Baumes. In dieser Beziehung bietet der Baum dem Pilz
die benötigten Nährstoffe. Die beiden betreiben sozusagen eine
Versorgungsgemeinschaft. Die mit dem bloßen Auge nicht erkennbaren Pilzfäden
lassen ein regelrechtes Geflecht um die Saugwurzeln der Bäume entstehen. Beim
Steinpilz messen diese Wurzelfäden ungefähr 100 Kilometer. Der Pilz vermag die
meist mineralischen Stoffe pflanzlichen und tierischen Ursprungs leichter
aufzuschließen und tritt sie als Mineralsalze, Stickstoff und Phosphor an die
Baumwurzeln ab. Der Baum wiederum gibt seinem Partner vor allem Kohlehydrate
ab. Diese kann er dann am besten entbehren, wenn das Sprossenwachstum beendet
ist. So wird auch klar, warum zum Ende einer Vegetationsperiode der Bäume, die
Saison der Pilze beginnt.
Ein Knollenblätterpilz geht nur mit Eichen und
Buchen eine "Ehe" ein. Der Fliegenpilz liebt die Birke unter ihnen
finden wir ihn am häufigsten, er mag aber auch Fichten und Tannen. Der
zimtfarbige Milchpilz hält es nur mit den Eichen. Solch symbiotisch lebende
Pilze können genau so alt wie ein lebender Baum werden! Ein biblisches Alter
also wenn man bedenkt wie alt vor allem Eichen werden können. Der Pilz ist
somit ein unverzichtbares Bindeglied im ökologischen Kreislauf und weil dem so
ist, geben sie uns einen guten Zustandsbericht von dem Milieu in dem sie leben.
Jeder weiß Heute, dass durch zunehmende
Luftbelastung und Übersäuerung unsere Wälder in einem schlechten Zustand sind.
Somit auch viele Pilze, namentlich die Sorten, die in Symbiose mit Bäumen
leben, einige davon sind stark im Zurückgehen, was ein eindeutiges Zeichen
dafür ist, dass unser Wald an Vitalität eingebüßt hat. Der Pilz ist daher ein
ausgezeichneter Gradmesser für die Gesundheit seines Umfeldes.
In den 50zigern Jahren gab es in Mitteleuropa ein drastisches
Ulmensterben, Auslöser dafür war eine Pilzkrankheit. Wenn der Pilz der
Wirtspflanze, auf der er wächst, keinen Vorteil bietet, spricht man von einem
Parasiten–Verhalten: Der Pilz stiehlt sich dann Nahrung von seinem Wirt. Dieser
kann darunter letztendlich so leiden, dass er abstirbt.
Der Honigpilz, Birkenpilz und Kiefernmörder sind
hierfür bekannte Vorbilder, ebenso der bekannte Hallimasch, bei ihm ist das
Verhältnis zu seinem Wirtsbaum, das zwischen Räuber und Ausgeraubten.
Doch nicht nur Bäume, auch unsere heimischen
Orchideen und verschiedene Flechtarten und Moose sind auf Pilze angewiesen. Als
Einzelkämpfer könnten sie überhaupt nicht überleben, nur in der Partnerschaft
mit Pilzen haben sie eine Zukunft.
Auch viele Insekten die in Bäumen leben sind auf
Pilze angewiesen, so die Larven der Riesenholzwespe. Doch vor allem die
Borkenkäfer. In ihrer regelrechten "Vernichtungswut" bedienen sie
sich der Arbeit von Pilzen, die der Mutterkäfer in seinem Magen mitbringt und
in den Gängen auslegt. Die Pilze treiben Fäden in das Holz und beginnen es zu
zersetzen. Die weißen Larven der Käfer leben von den nährstoffreichen Enden der
Pilze. Die Larven sind also bestens versorgt, zumal der Mutterkäfer die
Exkremente der Jungen aus den Gängen räumt und sogar den Eingang bewacht.
Während die Gänge vom Pilz anfänglich noch weiß verfärbt sind, erhalten sie
durch die zersetzende Arbeit der Pilze auf Dauer eine schwarze Farbe. Am
Schluss fressen die fertigen Käfer die
Pilzkultur restlos auf.
Pilze sind von einem geheimnisvollen Schleier
umwoben und noch lange nicht, hat die Wissenschaft ihr wundersames Leben
ergründet.
Literaturhinweise:
C.L. Duddington : Baupläne der Pflanzen; suhrkamp
TB.
Duddington : Pflanzen als Architekten; suhrkamp TB