Montag, 7. November 2011

Dichtung ist Deutung

Der Dichter weiß auf sehr spezielle Art, dass Wahrnehmung das wesentliche Talent des Künstlers ist. Durch die Wahrnehmung kann er alle Arten der Erfahrung formen und Umformen. Er kann die ehemaligen Wahrnehmungen seiner Kindheit wieder einfangen und sie als Erwachsener neu formulieren. Uns überfällt oft das Wiedererkennen eines verlorenen Augenblicks, einer Stimmung unseres eigenen Lebens wenn wir die Mitteilungen des Dichters von seinen Wahrnehmungen lesen. Gedichte sind also in gewißer Hinsicht Wahrnehmungen mit denen der Poet arbeitet. Mit seinen Wahrnehmungen versucht er die Ilusion zu durchbrechen. Für den Dichter ist das Dichten eine Neuschöpfung, denn er dichtet sich die Welt immer wieder neu. Durch das Arbeiten in der lyrischen Praxis nähert er sich der "Dichte der Dinge". In dem er sich ihr nähert durchforscht er die Dichte der Ilusion und erreicht somit die Wirklichkeit, der wirklichen Wirklichkeit. Für den dichter wird diese poetische und lyrische Wirklichkeit zum Inhalt seines Alltags. William Blake schrieb einmal: "In den Augen eines Geizhals, ist ein Geldstück schöner als die Sonne, und ein abgenutzter Geldbeutel hat für ihn edlere Formen als ein Weinstock voller Reben. Der Baum der den einen zu Tränen rührt, ist in den Augen des Anderen ein grünes Ding das im Wege steht...
Der Mensch ist dass was er sieht. Der Dichter versucht tiefer zu sehen.
hukwa