Sonntag, 11. März 2018

Die Linde

Die Winterlinde ( Tilia cordata Miller )
Die Sommerlinde ( Tilia platyphyllos Scop. )

Die Linde kann ein Alter von etwa 1000 Jahren erreichen und eine Höhe von über 30m. Mit Hainbuchen und Eichen gemischt bildete sie einst im Osten Deutschlands ausgedehnte Wälder. In den lockeren Bewaldungen der Berghänge und in den bunt gemischten Auwäldern, die größere Flüsse begleiten, ist sie recht verbreitet. Die Linde ist einer unserer Lieblingsbäume und wird gerne an Strassen, auf freien Plätzen oder vor Wohnhäusern angepflanzt. Zahlreiche Sagen und Lieder knüpfen sich an sie; unseren Vorfahren war sie ein heiliger Baum und unter der ehrwürdigen Dorflinde berieten einst die ältesten der Gemeinde. Die Sommerlinde entfaltet ihr Laub bereits Anfang Mai und hat große Blätter, in den Winkeln der Blattadern weißliche Härchen, die Winterlinde hat an gleicher Stelle bräunliche Härchen. Sie schlägt erst Mitte Mai aus. Der Stamm ist im Alter mit einer dunklen, rissigen, Borke bekleidet und verzweigt sich schon in geringer Höhe. Voll entwickelte Lindenblätter sehen herzförmig aus und haben ungleich große Hälften – sie sind also unsymetrisch- und laufen in eine lange Spitze aus. Der Blattrand ist scharf gesägt.In den Knospen sind keine Blütenanlagen vorhanden.Die Blüten müssen sich an den jungen Trieben also erst bilden. Daher blüht die Linde auch verhältnismäßig spät im Jahr. Bei der Sommerlinde sind die Blütenstände gewöhnlich aus 2 oder 3, bei der Winterlinde dagegen aus 5 bis 7 gestielten Blüten
zusammengesetzt. Der untere Teil des Hauptblütenstiels ist mit einem bleichen, pergamentartigen Deckblatt verwachsen. Jede Blüte besteht aus 5 kleinen gelblichen Kelch- und 5 Blumenblättern, zahlreichen Staubblättern und einem Stempel.
Da die Blüten reich an Nektar sind und einen herrlichen Duft aussenden, ist die blühende Linde oft von Tausenden von Insekten umschwärmt. Im Herbst löst sich der Fruchtstand mit dem Flügelartigen Deckblatt vom Zweig und fällt in langsam drehender Bewegung zur Erde herab. Hierbei wird er leicht vom Wind erfasst und weit verweht. Das Deckblatt ist also ein Mittel zur Verbreitung der Pflanze. Die Nussartigen Früchte enthalten gewöhnlich nur einen Samen. Sie öffnen sich bei der Reife nicht. Beide Lindenarten bastardieren oft miteinander so das in manchen
Gegenden reine Arten seltener anzutreffen sind. Einer dieser Kreuzungen ist die Holländische Linde ( Tilia x europae ). Diese Form übertrifft ihre Eltern meist an Wuchshöhe ( bis 40m ) und Schönheit der Kronenentwicklung. Die meisten Merkmale stehen ziemlich in der Mitte der Elternarten.Am zuverlässigsten sind vielleicht die weißlich-bräunlichen Haarbüscheln auf der Blattunterseite in den Achseln der Blattnerven und die leicht eiförmigen, bis 8mm großen, undeutlich kantigen und behaarten Kapselfrüchten. Die Krimm-Linde ( Tilia xeuchlora ) ist ein Bastard unbekannter Herkunft, der durch seine sehr großen, bis 15cm langen, am Grund stark schief-herzförmigen, oberseits glänzend dunkelgrünen Blätter gekennzeichnet ist.
Es ist ein meist kleinerer Baum bis 15m Höhe, immer mit überhängenden Zweigen, auch weitere Äste meist stark hängend. Häufig in Alleen und Parks gepflanzt. Eine weitere Lindenart die bei uns in Parks zu finden ist, ist die aus Südosteuropa und Asien stammende Silberlinde ( Tilia tomentosa ). Diese Art hat sich in den vergangenen Jahren als wesentlich beständiger gegen die Luftverschmutzung mit Staub und Abgasen von Verkehr, Industrie und haushalten erwiesen. Eine als Hängenden-Silber-Linde ( Tilia petiolaris ) bezeichnete form ist möglicherweise keine selbstständige Art, sondern eine seit langem angepflanzte Varietät, der Silber-Linde, eventuell auch ein Bastard mit einer vorderasiatischen Art.

Dr. Heinrich Marzell schreibt in seinem volkskundlichen Baumbuch: Wenn einmal in allen deutschen Landen, die Lindenbäume zusammengestellt werden sollten, an die sich Sagen, Legenden , oder irgendwelche geschichtlichen Erinnerungen knüpfen, so bekäme man eine recht stattliche Zahl zusammen. Vielleicht würde hier sogar die Linde , der eiche den Rang ablaufen, die man doch sonst gemeinhin als den volkstümlichsten Baum der Deutschen betrachtet. Wohl das größte Lindendenkmal pflanzte Ovid in seinem Philemon und Baucis in dem er Baucis von den Göttern in eine Linde verwandeln ließ. Philemon wurde zur Eiche. In Griechenland galt die Linde als der heilende Baum schlechthin; ihre Blüten galten als eines der ältesten bekannten Heilmittel. Außerdem nutzte man den Lindenbast zur Herstellung von Papier; in Streifen zerrissen diente der Bast zur Weissagung.
Die Linde ist der klassische Baum unserer Dörfer und Städte. Unter einer Linde soll der Zwergenkönig Laurin, die Schwester Dietrichs von Bern geraubt haben und unter ihr besiegte Siegfried den Drachen. Die Germanen, verehrten Freya, die Göttin der Liebe und des Glücks in der Linde. Walther von der Vogelweide bereitete sein berühmtes Liebeslager aus Heidenkraut und Rosen unter einer Linde. In seiner Geschichte, „ die drei Linden „ hat Hermann Hesse über ein Lindenurteil geschrieben. Sehr häufig ist auch in der frommen christlichen Legenden von der Linde die Rede. Die Kirche hat aus den alten Freya-Linden, die Maria-Linden gemacht. Die Linde galt im Mittelalter als ein Baum der Hexen abwehrt. Damit die Hexen in der Walpurgisnacht keinen Zutritt zu den Ställen haben sollten, band man dem Vieh Lindenbast um die Hörner. Über die Linde in der Pfalz schreibt Julius Wilde 1936 : „ Schulz bezeichnet nach den Angaben Kochs die Großblätterige Linde nur auf dem Remigiusberg bei Kusel als wirklich einheimisch, während er für die kleinblättrige Art die Wälder bei Stromberg, Wolfstein, Kaiserslautern und den Hagenauer Forst als wirklich ursprünglich ansieht. Er vermerkt jedoch weiter, das beide Arten, viel in Wäldern und an Spazierwegen angepflanzt werden. Heute hat sich die Linde wieder mehr aus den Wäldern zurückgezogen, den nach Angaben von Forstdirektor Keiper ( 1936 ) sind in unserer Pfalz von 57 Forstämtern, 15 völlig Lindenleer, während sie in 18 vereinzelt, in 16 mehrfach und nur in 8 verhältnismäßig häufig vorkommen. Es sind dies: im südlichen Pfälzerwald, Fischbach und Schönau, im mittleren, Waldleiningen und Johanniskreuz und am Donnersberg , Kirchheimbolanden und Winnweiler.
Heute finden wir die Linde auch an vielen Autorastplätzen, die jedoch Autofahrer in der Regel meiden, da sie den Honigtau auf dem Lack ihres Lieblingskindes fürchten.
In vielen Orten Deutschlands ranken sich Sagen und Legenden um den Lindenbaum. In der Pfalz kennt man das „Lindenmütterchen“, das einst im Schlosshof der Burg Lindelbrunn einen Lindenzweig mit den Worten in die Erde stieß: „Wachse und falle mit diesem edlen Haus auch die Erzählungen vom „Lindenschmied“ und „Lindelbrunn“. Auf dem „Lindenplatz“ bei der Hartenburg stehen einige alte Linden worüber eine pfälzische Sage erzählt: Die Linden waren den Herren der Hartenburg der liebste Baum. Wurde dem Hause der Leininger ein Sohn geboren, wurde auf dem Vorplatz des Schlosses auch eine Linde gepflanzt. Wie wichtig die Linde den Leiningern war, zeigt ihr Wappen: ein Lindenbaum mit silbernen Blüten im Helmzier ihres Wappens.

Der einzige Baum der im Nibelungenlied erwähnt wird ist die Linde weil unter ihr Siegfried den Lindwurm tötete. Als er im Blut des Drachens badete fiel ein Lindenblatt zwischen seine Schulter und schuf damit jene verwundbare Stelle in die später Hagen seinen Speer bohrte, dies geschah am von einer Linde beschatteten Brunnen. Von der „Korbianslinde“ bei Freising erzählt die Sage: „Solange die Linde besteht wird Freising gedeihen“. In der schweiz in der Nähe von Habsburg steht eine Linde unter der schon der heilige Gallus (550-645 n. Chr.) gepredigt und geweissagt hat von ihr heißt es „wenn einst der Schatten dieser Linde die Habsburg erreicht, wird die Welt untergehen.“
Wir begegnen der Linde auch oft als Schicksals und Familienbaum. Nach einer schwedischen Sage sollen die Familiennamen Linnaeus, Lindelius und Tiliander nach einer mächtigen Linde mit drei starken Hauptästen, ihren Namen genommen haben. Als die Familie Lindelius ausstarb, vertrocknete einer dieser Hauptäste. Nach dem Tode der Tochter des berühmten Botanikers Linne, hörte der zweite Ast auf Blätter zu treiben, und als der letzte der Familie Tiliander starb vertocknete auch der dritte Ast. Mannhardt berichtet in seiner „Wald- und Feldkunde“, dass der abgestorbene Stamm dieser Linde noch lange Zeit stand und vom Volk verehrt wurde.
Alfred Klos berichtet in seinem Artikel: Volkskundlicher Beitrag zu Freyas heiligem Baum: „Eine Legende bringt die Linde in enge Verbindung mit dem Ursprung eines bekannten Wallfahrtsortes in Ostpreußen (heute polnisch). In der Stadt Rastenburg war einst ein Angeklagter zum Tode verurteilt worden. Da erschien ihm die heilige Jungfrau, tröstete ihn und gab ihm ein Stück Holz und ein Messer, mit dem Auftrag etwas zu schnitzen. Er schnitzte daraus ein Marienbild mit dem Christuskind auf den Armen. Als die Gerichtsherrn das Bild sahen und von der Erscheinung der Jungfrau hörten, erachteten sie dies als ein Wink von oben und gaben dem verurteilten die Freiheit. Dieser trug das Bild zu einer alleinstehenden Linde und hängte es an ihr auf. Seitdem verlor der Baum seine Blätter nicht mehr und blieb immer grün. Wegen dieses Wunders holten die Rastenburger das Bild von seinem Platze und brachten es in ihre Kirche. Da es aber am nächsten Morgen wieder an der Linde hing, baute man unter ihr eine Kapelle. So soll der im Osten so bekannte Wallfahrtsort „Heiligelinde“ entstanden sein.“
Die Linde war der Freya geweiht und war somit gegen Blitz gefeit. In manchen ländlichen Gegenden ist es heute noch üblich nach einem gewitterregen unter eine Linde zu eilen und sich von dem herabfallenden Tropfen etwas benetzen zu lasen; denn dieses „Lindenwasser“ schützt nach einem Volksglauben gegen viele Krankheiten und Unglück.
Natürlich musste der Linde auch ein Baumgeist innew(ohnen der die Menschen vor Zauberei und Bösen schützte. In Niederösterreich steckt man am Johanni Tag vor Sonnenaufgang Lindenzweige über die Haustüre um somit Einbrecher fernzuhalten. Damit die Hexen in der Johannisnacht nicht die Viehställe aufsuchen, bindet man den Kühen Lindenbast um ihre Hörner. Ein Lindenast an die Türe angebracht hält Hexen fern. Wer auf zauberische Weise Ungeziefer auf seinen Getreideacker bekam, konnte diese durch streuen von Lindenkohlenasche wieder vertreiben, lässt und Kloss wissen und fährt fort…Früher gab es kaum eine Kirche bei uns, vor deren Eingang keine Linden standen; denn wenn Hochzeitspaare (nach altem Glauben) unter Linden in die Kirche gehen können, dann gab das eine glückliche Ehe. Erst im Jahre 1962 wurden die letzten 220jährigen Linden vor dem Kircheneingang in Miesau niedergelegt. Noch vor siebzig Jahren war es in Miesau Brauch, dem geliebten Mädchen in der Walpurgisnacht einen schönen Lindenzweig vor die Haustür zu stellen.
In vielen Flurnamen taucht die Linde auf. Im Stiftswald bei Kaiserslautern gibt es „Lindenköpfe“, bei Kriegsfeld einen „Lindenbühl“. In Gehrsweiler, Dellfeld und Fleckenfeld sind „Lindenberge“ bekannt. In Jakobsweiler gibt es einen „Lindenbusch“, in Nussbach ein „Lindenthal“ und in Schopp einen „Linnedeich“. In Blieskastel finden wir einen „Lindenfels“. Einen Lindenhof gibt es in Kaiserslautern, Rockenhausen und bei Steinweiler. „Lindenschachen“ werden um 1600 im Reichswald und Jägersburg und 1547 bei Ottweiler und Einsiedlerhof benannt. Eppenbrunn und Ludwigswinkel haben einen „Lindelkopf“. 

hukwa