Das Kuratorium – Baum des Jahres –
in Berlin wählte die Esche 2001 zum Baum des Jahres und begründete seine Entscheidung
mit der Einmaligkeit der Baumart „ die viele botanische und
ökologische Besonderheiten und Rätsel aufweist " . Die Esche ist
ein Ölbaumgewächs und kann bis zu 40 m hoch werden. Sie ist vor
allem an den schwarzen , zwiebelspitzigen Knospen, ihren gefiederten
Blättern und der silbrigen bis aschgrauen Rinde zu erkennen.
Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich
über ganz Europa bis nach Vorderasien. Wenn viele
unserer einheimischen Bäumen, schon ihr neues Blattkleid tragen, trägt die Esche oft
noch kein einziges Blatt. Dies ist auf ihre Frostempfindlichkeit zurückzuführen. Sie
wartet ab bis auch tatsächlich kein Frost mehrzu erwarten ist.
Wohl deshalb schrieb
die Baum – und Kräuterkundige Hildegard v.Bingen mit Recht : „ Sie ist ein
Sinnbild der besonnenen Einsicht „. Wenn sie dann im April oder Mai
ihre schwarzen Knospen sprengt , hängen kleine, violette Blütenbüschel heraus, die ihre Bestäubung
dem Wind anvertrauen. Bei der Esche gibt esmännliche,weibliche und gemischt
–geschlechtliche Bäume.
Das Holz der Esche ist hart, zäh und
besonders elastisch.Schon in der Antike verwandte man es zur
Herstellung von Handwaffen wie Armbrüste, Speere, Lanzen und
Bögen. Der bekannteste Eschenholzspeer ist der des Kentauren Chiron.
Diese Sagengestalt halb Mensch, halb
Pferd bewohnte den sagenumwobenen Berg
Pelion in Thessalien. Auf diesem
heiligen Berg wuchsen die berühmten Eschen und
Eichen, eine davon fällte Chiron und
fertigte daraus jenen Speer, mit dem Achilles
hektor besiegte. Natürlich ist die
Esche auch im Keltischen Baumalalphabet ver –
treten. „ Nion „ hießen Baum und
Laut. Sie war eines der Symbole für Nacht und wasser. Was uns nicht
zu wundern braucht, denn die Esche liebt feuchte Standorte.
Die Eschen gaben den Kelten Schutz vor
der zerstörerischen Kraft der Wasserdämonen. Die Druiden benutzten
Eschenholz als Regenzauber. In der germanischen Mytologie ist die
Esche der wichtigste Baum – hier steigt sie zum Weltenbaum empor.
Ygdrasil-so wird die Esche in der germanischen Mytologie genannt –
ist der schönste aller Bäume und heiligste der Germanen.Seine
Zweige erstrecken sich über alle Welten hinaus und erreichen den
Himmel. Er hat drei Wurzeln die ihn aufrecht erhalten; sie sind
außergewöhnlich groß. Eine taucht in den Äsir, die Unterwelt der
Asen, der Götter hinunter, die zweite zu den Frostriesen den Vorgängern, der Menschen, die
dritte greift nach Niflheim, dem Reich der Toten. Bei dieser
letzteren Wurzel entspringt der Brunnen Hvergelmir, die Quelle aller
rauschenden Flüsse die, die Erde bewässern und sie für den
Menschen bewohnbar macht. Neben der zweiten Wurzel
sprudelt die Quelle von Mimir. Dem der dort die Lippen netzt, schenkt sie
Wissen und Weisheit, aber ihr Besitzer, dessen Name „ Meditation „
bedeutet, hat es verboten, sich ihr zu nähern; er selbst ist voll
tiefsten Wissens, dass er täglich aus diesem Wasser schöpft. Unter
der ersten Wurzel, die der Überlieferung zufolge entweder die
unterirdische Behausung der Götter oder ihren himmlischen Wohnort
erreicht – die übrigens durch Bifrost, den Regenbogen verbunden werden-gibt es
eine dritte Quelle, die heiligste von allen:
den Brunnen über den Urd die älteste
der Nornen wacht. Als Hüterinnen der Gesetze und alten Bräuche sind nur die
Nornen in der Lage, die Geschicke der Menschen und sogar der Götter
selbst zu lenken, die nicht ewig sind und dem Los, das alle trifft,
nicht entrinnen können. Ursprünglich war Urd, die älteste unter
ihnen, deren Name Schicksal bedeutet, wahrscheinlich allein.
Möglicherweise waren die Legenden von den drei spinnenden Nornen,
als sie uns erreichten, schon
von den Moiren ( dem Personifizierten
Schicksal ) und den Parzen der griechischen
und der römischen Mytologie
beeinflusst. Wie diese stellten auch jene die drei
Mondphasen-zunehmend-voll-abnehmend dar, deren Rhythmus das Leben der
Natur bestimmt und die auch den drei menschlichen Lebensaltern,
Jugend, Reife, Alter entsprechen. Jeden Tag schöpfen die Nornen aus
dem Brunnen Wasser und schlamm und begießen damit die Esche, damit
ihre Zweige weder vertrocknen noch verfaulen.
Was immer in die Quelle
fällt, wird so weiß wie das Häutchen im Innern der Eierschale, das
heißt, es kehrt zu seiner früheren Reinheit zurück, zu seinem
Vorgeburtlichem Ursprung.Dieses Makellose Weiß kleidet auch das paar
Schwäne, die die Quelle bewohnen und von denen die Vögel dieses
namens abstammen. Urds Quelle ist also ein Jungbrunnen. Bei
ihr versammeln sich die Götter, um Rat zu halten, Streitigkeiten zu
schlichten und Recht zu sprechen.Dieser Schicksals –
brunnen verkörpert die Welt der
Möglichkeiten, der Samen, der Keime, eine nächt-
liche Welt aus Wasser und Erde , aus
der alle Lebewesen hervorgegangen sind.
wenn es Ygdrasil dank seiner Wurzeln
den drei übereinandergeschichteten Reichen
dem der Götter, dem der
prähistorischen Riesen und dem der Vorfahren des Menschen gestattet,
an der Erdoberfläche zu erscheinen, so erstreckt sich der Stamm der
Esche, durch das Zwischen Himmel und Erde gelegene mittlere Gebiet das Midgart, wo die Menschen leben und
ihr Wipfel erhebt sich bis zu Asgard, dem Domizil der Götter. Trotz seiner
Mächtigkeit ist der Kosmische Baum stets bedroht.
Die riesige Schlange Nioggrh
nagt heimlich an der dritten Wurzel, wird aber selbst Tag für Tag
vom Adler angegriffen, der in seinen höchsten Zweigen wohnt. Vier
Hirsche kommen und gehen im Gezweige und fressen die jungen Triebe kaum dass sie erschienen sind. Ygdrasils
Laub beherbergt noch weitere Tiere, die aber nützlich sind, so die
Ziege Heidrun, die mit ihrer Milch Odins Krieger ernährt oder das Eichhörnchen Ratatosk, das am
Stamm hinauf und hinunterläuft und die
wechselseitigen Auseinandersätzungen
zwischen Schlange und Adler vermittelt. Letzterer weiß viele Dinge
und beobachtet von seinem hohen Standpunkt aus den Horizont, um die Götter zu warnen,
wenn ihre Uralten Widersacher, die Riesen, sich zum Angriff
anschicken.In manchen Versionen sitzt ein goldener Hahn im
Baumwipfel: er hat die selbe Aufgabe. Man könnte nicht,
bilderreicher ausdrücken, dass die Welt der Spielball in einem
unablässigen Kampf zwischen den Mächten des Lebens undderen
Zerstörung ist.
Nun ist der Kosmische Baum Heute
aktueller denn je, denn gerade Heute, da die Katastrophale Ausmaße
des Waldsterbens nicht mehr zu übersehen sind, ist es für die Menschheit wichtig, wieder einen
Bezug zu dem Wesen Baum aufzubauen. Und die Esche ist in diesem Sinne ein
wirklicher Lebensbaum.
hukwa