Wenn
sich die Dämmerung wie Nebel zwischen die Bäume bei der Amseldell
legt, verlässt der Baummarder seinen Unterschlupf, in einer Höhle
der alten knorrigen Traubeneiche und geht auf die Jagd. Er klettert
kopfüber den dicken, starken Stamm hinunter, springt einige Sätze
durch raschelndes Buchenlaub, steckt immer mal wieder seine Nase in
ein Bodenloch und hebt sie witternd hoch. Dann setzt er an einem
morschen Baumstumpf und auf den mit Porlingen bewachsenen
Buchenstämmen, die hier liegen, seine Duftmarke ab.
Nachdem
er auf diese Weise seinen Wechsel und Pass markiert hat, der schon
von Mardergenerationen vor ihm eingehalten wurde, setzt er seinen Weg
fort. Mit einem Male hält er inne, weil sein scharfes Gehör ein ihm
bekanntes Geräusch wahrgenommen hat. Sofort ortet er woher das
Geräusch stammt. Schnell wie ein Blitz springt er zu, reißt die
Spitzmaus aus dem Laub und verschlingt sie gierig. Hinter der alten
Amseldellhütte, wo ein Unwetter einige Fichten zusammengedrückt
hat, windet sich der Marder schlangengleich durch Dickicht und
Unterwuchs der Bäume. Durch enge Löcher, unter herausgerissenen
Wurzeln hindurch. Es gibt kaum einen Spalt, durch den er sich nicht
geschickt hindurch zwängen kann. Hoch oben beim Scharderkopf, wo
jetzt der Vollmond auf die mystischen Steingebilde fällt, schnappt
er einen Nachtfalter. Am alten Fuchsbau verweilt er einige Zeit am
Himbeergebüsch und frisst von den süßen Früchten, dann zieht er
hungrig weiter. Im Morgengrauen, als er schon in seinen Schlupfwinkel
bei der alten Eiche zurückkehren will, entdeckt er ein Eichhörnchen.
Als dieses den Marder erkennt, klettert es in Schraubenwindungen eine
alte Fichte hoch. Dann springt es von einer Baumkrone zur nächsten,
der Marder immer hinterher. Aufwärts und abwärts geht die Jagd.
Schließlich springt das Eichhörnchen mit einem mutigen Satz ins
Leere. Diesen Luftsprung kann der Marder nicht nachmachen. Das
Eichhörnchen verschwindet in einem Versteck und der Jäger pirscht
hungrig weiter. Noch bevor die Sonne aufgeht hat er seinen
Unterschlupf an der Amseldell erreicht. Hier verschläft er den Tag
und träumt von der nächsten Jagd.
Foto Hans Wanger |