Mittwoch, 20. Februar 2013

Sagenhafte Steine

Ein volkskundlicher Beitrag zu unseren Fels- und Steindenkmälern


Die kleinen Steindenkmale- Grenzsteine, Sühnekreuze und Menhire die mit ihren charakteristischen Erscheinungsformen oft versteckt in der Landschaft stehen sind eine historische Bereicherung unserer heimischen Region. Sie haben von jeher die Phantasie der Bevölkerung angeregt und wurden so zum Anlass einer reichen Sagen - und Legendenbildung. Der Grund das wir sie in der Landschaft vorfinden beruht auf historischen Fakten, die Sagen - und Legenden die sich um sie gebildet haben entstammen in der Regel dem Volksmund.
Entgegen der Sagen die sich um Flurnamen ranken und die meist Ortsgebunden sind haben wir es bei den „Steinsagen“ oft mit Wandersagen zu tun, wenn man sich mit ihnen beschäftigt muss man dies zum Teil grenzüberschreitend tun.
Eine generelle Aussage über die Entstehung dieser Sagen – und Legenden kann natürlich nicht gemacht werden, zu viele Faktoren können Anlass gewesen sein für ihre Entstehung. Meist spielen Aberglaube, Religion und Naturerscheinungen eine Rolle, bei den Menhiren die einst wohl dem „Totenkult“ zu zurechnen waren sind es meist religiöse Überlieferungen, die sich um sie ranken.
So gibt es zwei ganz bestimmte Arten von sagen die sich um diese alte „Kultsteine“ gebildet haben. Einmal, dass sich die Steine zu einer bestimmten Tageszeit oder beim Läuten der Kirchenglocken um ihre Achse drehen. Zum anderen Mal sie der Teufel oder ein Riese von einem Berg aus nach einer Kirche bzw. nach einem Widersacher geschleudert hätten. Jedes mal sei aber das Ziel verfehlt worden und die Steine würden nun im freien Gelände stecken.
Auch die Steinkreuze die sich in unserer Landschaft finden haben meist eine „Sagenhafte“ Vergangenheit. Sie bilden unter den Kleindenkmalen eine eigentümliche Gruppe und unterscheiden sich vor allem durch ihre derbe oft grob-gehauene Kreuzform die sich so natürlich der Landschaft anpasst. Wie andere Kleindenkmale auch, fristeten die Steinkreuze oft Jahrhunderte lang ein selbstgenügsames Dasein, nur einbezogen in die örtlichen Flurnamen, Erzähl-und Brauchtumswelt.
Steindenkmale haben meist einen ähnlichen Sagengehalt. Meistens wurde, wird erzählt die die steinerne Kreuze stünden zur Erinnerung an eine tödliche Auseinandersetzung.
Aber auch Felsen und mächtige Steinblöcke sind in die Sagenwelt eingegangen. In Jahrtausenden hat die Natur recht groteske und abenteuerliche Felsformationen in unserer Region hervorgebracht. Überall im Pfälzerwald finden wir diese recht anmutige Gesteinsformationen. Im Umkreis von Frankenstein finden wir die Teufelsleiter am Westausgang des Dorfes, der Mausfels über der Burg Frankenstein, der Maiblumen- und der Woogfelsen und den Rabenfelsen, der wahrscheinlich eine uralte Kultstätte einst war. Bestehen sie aus harten Platten, unter denen die weichen Teile ausgewittert sind, so bilden sich pilzförmige Formen wie das Felschen am Drehertalt bei Alsenborn. Dann wieder gibt es Riesenblöcke mit glatten Wänden, die einsam an Bergen stehen wie der Krämerfels am Kirchberg bei Landstuhl, in Gesellschaft in weitem Kreis wie die Blöcke am Oberende des Bärenlochs bei Kindsbach aufragen oder breite Bastionen bilden wie der Falkenstein bei Queidersbach. Kleinere Blöcke sind die Heidenfelsen zwischen Kindsbach und Landstuhl, die gallo- römische Skulpturen tragen oder die zwei aufeinanderliegenden Blöcke der Weltachs auf dem Kleinen Roßrück bei Waldleiningen.
Plattenförmige Felsen sind oft unterhöhlt, so dass geräumige Unterstände entstehen, in Kriegszeiten Zufluchtstätten, bei Unwettern noch heute Schutzorte für Wanderer, auch das Wild hat hier seinen Einstand, was oft auch in die Sage mit einfloß. Dazu gehört der Hohfels auf dem Eichelsberg bei Enkenbach, der 6 m lange Steintaler Keller bei Fischbach, der Schäferfelsen am Kleinen Roßrück. Seltsame Bildungen nämlich wannenförmige, meterbreite bis 60 cm tiefe Becken tragen die „Wassersteine“ in der Abteilung Schnapphahn bei Waldleiningen. Wo fließende Wasser in unsere Berge Schluchten gegraben haben sind sie meist an den Steilrändern mit Felsblöcken übersät, so dass Fleischackerloch bei Landstuhl, das Bärenloch bei Kindsbach, die Karlstalschlucht bei Trippstadt, die Elendsklamm bei Bruchmühlbach, die Schlangendell bei Stelzenberg, das quellenreiche und schön gestaltete Ungertal im Leinbachtal bei Waldleiningen, auch der Uhrkastengraben, der an den einstigen Aalfang erinnert, und der Schmelzergraben beide im Eselsbachtal.
Im nördlichen Landkreis von Kaiserlautern bestehen die Felsen aus Unterem Buntsandstein wie zwischen Ober- und Niedermohr und Nanzdiezweiler oder aus Melaphyr wie der Grieserfelsen bei Untersulzbach. Immer tragen sie eine wärme- und trockenheitliebende Flora. Sind die Felsen erzhaltig, so finden wir in ihnen häufig noch Anfänge von alten Gängen von Bergwerksstollen wie auf Erzhütten- Wiesenthalerhof. Die Quecksilberstollen bei Erzenhausen mit zinnoberfarbenen Wänden und Tropfsteinen, die gruben am alten Schloss bei Gimsbach, bei Kottweiler- Schwanden und bei Niederkirchen. Die meisten von ihnen sind mit Sagen verbunden.
Viele dieser Steine um die sich die Sage und Legende rankt kann man als sogenannte „Denksteine“ bezeichnen, sie regen an zum „darüber Nachdenken“. Sie sprechen zu uns, sie wollen uns was erzählen. Im Volksmund tauchen oft Namen auf wie „Schwedenkreuz“ bei Sühnenkreuzen, in der regel haben diese Steinkreuze nichts mit Schweden zu tun, die Sage hat sich einfach ihrer bemächtigt und dem Stein, Fels oder Steinkreuz einen Namen gegeben, wie bzw. das Torstensonkreuz bei Hochspeyer.
Man sprach von von Kräften heiliger Orte und Geister- und Teufelserscheinungen, erzählte von Heldentaten und Unglücksfällen, von Mord und Totschlag, sowie von Kriegs- und Pest und Hungerzeiten. Ein großer Teil der Sagen bezog sich auf die unmittelbare Wohn- und Wirtschaftswelt der Bevölkerung. Alles Augenfällige wurde in das Netz der sagenhaften Steinüberlieferungen einbezogen, ob es sich um einen besonderen Baum, eine Quelle, Burgruine, einen Brunnen oder ein altes Gemäuer handelte. Aufgrund ihrer Allgegenwart waren die Sagen einer der tragenden Säulen der örtlichen Anschauungs- und Gesprächswelt.
Ein weiterer, höchst geläufiger und verbreiteter Typus der volkstümlichen Erzählung erfüllt eine ätiologische Funktion, d. h. Er liefert eine „Erklärung“ für die Entstehung oder Herkunft eines augenfälligen Wahrzeichens der örtlichen Umgebung, eines Ortsnamens oder eines überlieferten Brauchs. In sehr anderen Fällen sind es die hervorstechende und nicht produktiv nutzbaren Elemente der Landschaft, die allem Anschein nach einer Erklärung bedürfen- der seltsam geformte Felsbrocken oder Menhir, das prähistorische Hügelgrab, die natürliche Erdspalte, das unbewachsene oder mit Steinen bedeckte Fleckchen in der Landschaft.
Große vereinzelte Felsbrocken, steinige Geländestreifen, steile Schluchten und ähnliches wurden also der Betätigung des Teufels oder irgendwelcher Riesen mit übermenschlichen Kräften zugeschrieben. Wie das schon erwähnte Steinschleudern des Teufels gegen eine Kirche oder eben Steineschleudernde Riesen , wie in der Sage von den „Sickingen Würfel“ in Landstuhl.
Aber auch viele Gespenstersagen ranken sich um Steine, Felsen und Steinkreuze oder Grenzsteine eine solch typische Legende ist die vom „Franzosenstein“ in Kaiserslautern.
In der Regel handelt es sich vor allem bei den Steinsagen um Wandersagen. Ein bestimmter Stein regt die Sagenbildung an, weil er den in der nächsten Umgebung Lebenden einzigartig erscheint, doch die daraus entstehende Geschichten sind alles andere als einzigartig, sie ordnen sich vielmehr fast immer in bestimmte Muster ein, die der Volkskundler als weit verbreitet erkennt – es ist in der Tat gerade das Merkmal, an dem man eine Sage im Gegensatz zu einem auf einem tatsächlichen Geschehen beruhenden mündlichen Erinnerungsbericht erkennt. Der einzelne Volkserzähler sieht dies jedoch nicht und würde es entrüstet zurückweisen. Für ihn ist nicht nur der Platz oder der Gegenstand, sondern auch die dazugehörige Sage etwas Einzigartiges, das der Lokalpatriotismus sich nicht nehmen lassen will. Auch heute noch trifft man in vielen Gemeinden auf eine heftige Neigung, daran festzuhalten, dass die jeweils eigene Überlieferung auf irgendein tatsächliches Ereignis zurückgehen muss. Sagen waren und sind es zum Teil noch immer ein hoch bewertetes Element innerhalb der Gesamtheit der Traditionen, durch die eine Gemeinschaft das Gefühl für ihre eigene Identität aufbaut und aufrecht erhält.
Wenn wir die pfälzische Sagenwelt studieren geschieht es alsbald das die Steine zu uns sprechen. 
hukwa