Sonntag, 6. Mai 2012

Das Pfälzer Märchen und sein geschichtlicher Inhalt


Ein Beitrag zur Deutung des pfälzischen Märchens

In Dansenberg bei Kaiserslautern entdeckte man vor Jahren ein Jägerzelt der Altsteinzeit. Untersuchungen ergaben damals dass es sich um ein Jägerzelt handelte, welches in Jungpaläohitizum, frühes Aurignazien, der vorletzten und letzten Eiszeit benutzt wurde. Die Menschen die hier für einige Zeit siedelten kamen wahrscheinlich aus Norddeutschland bzw. aus dem nordfranzösischem Raum.
Bei den damaligen Grabungen fanden sich handliche Steine in einem lockeren, doch erkennbaren Oval. Es waren die Überreste der Steine, mit denen man die Felle des Zeltes befestigte. Der Innenraum hatte einen Durchmesser von 2,5 bis drei Meter. Im Norden des Zeltraums befand sich eine massive Holzkohlekonzentration, die teilweise mit Steinen umstellt war. Das war die Feuerstelle. Der Laufhorizont war mit verwehter Holzkohle bedeckt.
Vier Steinbeile die man fand lassen eine jungsteinzeitliche Siedlung vermuten. Wahrscheinlich handelte es sich um eine Sippe die eine Rentierherde verfolgte und für einige Zeit auf dem „Dansenberg“ siedelte.
Schon gegen Ende der Eiszeit gelangten nomadisierende Jäger aus Südosteuropa während der Sommermonate bis Norddeutschland. Im Herbst zogen sie mit den Rentieren südwärts. Sie folgten ihren Jagdtieren, die damals nach Norden auswischen so gelangten sie auch nach Skandinavien. Seit ungezählten Jahrtausenden war ihr Dasein auf den Lebensrhythmus dieser Jagdtiere abgestimmt. Sie versorgten diese Jäger nicht nur mit Nahrung, sondern mit allem Material das sie für ihr Überleben benötigten: Waffen, Werkzeuge, Kleidung, Zelte und Kultgegenstände. In dieser Zeit traten die ersten Höhlenmalereien, Tierplastiken und Venusfiguren auf. Diese Venusfiguren sind gesichtslos es handelt sich ausschließlich um weibliche Figuren. Ihr massiger Körper, der die Symbole der Fruchtbarkeit eindringlich betont, trägt fast immer einen ungestalteten Kopf, dem nicht nur alle Individualität, sondern auch jegliche Andeutung von Gesichtszügen mangelt. Das bekannteste dieser steinzeitlichen Urbilder ist die „Venus von Willendorf“, die in Niederösterreich gefunden wurde. Sie entstand etwa um 25 000 v. Z.  und ist 11cm. Groß. Sie wurde 1908 entdeckt und gilt als so kostbar dass sie der Öffentlichkeit erstmals 1998 gezeigt wurde. Diese kleinen Venusfiguren, die man an vielen Orten Europas fand zeugen von einer einstigen „Mutterreligion“, von einem „Muttergottglauben“ deren Wurzeln bis in die Steinzeit zurückreichen und dessen Symbolik noch heute im europäischen Märchen vorhanden ist. Symbole wie Hirsch – Hirschgeweih, Rentier, Einhorn, Apfel usw. haben sich als Reste eines sehr alten Urglaubens der Menschheit in unseren Märchen erhalten. Dieser Glaube zieht sich wie ein roter Faden durch Religion und Glauben aus der Jungsteinzeit bis zu den Kelten und Germanen.
Die Wurzel des pfälzischen Märchens dürfte zum größten Teil der keltischen Zauber und Feenwelt entspringen. Die Pfalz war vor dem Eindringen der Römer reines Keltenland. Auch die Megalithkultur, über die wir so gut wie nichts wissen, hat in der Pfalz zahlreiche steinerne Zeugen hinterlassen. Der Volkskundler W.E. Peuckert nähert sich dem Ursprungsproblem des Märchens über das Neolithikum. Nach seiner Ansicht enthalten die Märchen das Gepräge einer auf dem Matriarchat aufgebauten ackerbauenden Gesellschaft. Seine Theorie beruft sich auf Sexual- und Fruchtbarkeitssymbole im Märchen. Zweifelsohne hat diese Symbolik eine äußerste dominierende Rolle im Märchen. Auch die Megalithkultur spielte in Peuckerts Untersuchungen eine wichtige Rolle. Allerdings wissen wir heute immer noch nicht wer diese steinerne Gebilde überhaupt erschaffen hat. Wir wissen nur das ihre Verbreitung mit dem ende der Jungsteinzeit also etwa 2000 v. Z. begann. Dass sie in die Märchen als Bestandteil eindrangen ist anzunehmen. 
Beim Fragen nach dem „Ursprung“ von etwas , wird erwartet, dass von der Eigenart des Entstehens Licht auf das Entstandene selbst fällt; Seine „Ur – Wesenheit“, das heißt sein Wesen in ursprünglicher Reinheit ohne nachträgliche Überwachsungen und Entstellungen, zugleich seine Bedeutung wird – so hofft man – dabei miterfasst.
„Vor allem dann, wenn der zeitliche Anfang in nebelhafter Ferne oder wie bei dieser Abhandlung – in der Vergangenheit – liegt und deswegen kaum Aussicht besteht, ihn noch irgendwie erreichen zu können (Wir werden wohl nie erfahren wer die Menhire erschaffen hat).
Das pfälzische Märchen hat wohl keine Urform jedoch einen Ursprung, der wohl irgendwo in der Steinzeit zu suchen ist. Die Pfalz war immer Durchzugsgebiet verschiedener Völker die hier einen Teil ihrer Kultur zurückließen und diese Kultur vermischte sich im Pfälzer Märchen. Wir können uns also bei diesem Märchen auf die Suche von Ursymbolen begeben, die in ihm immer wieder erscheinen und werden gewiss auch fündig werden. 
Zum Beispiel bei dem Märchen „die Schlangenkönigin vom Vogelwoog und das Hütterer Mädchen: „Einst ging ein junges Mädchen von Erzhütten zum Vogelwoog um Kleider zu waschen. Es legte seine Weste auf eine Wiese und auch sein Kopftuch, da es sehr heiß war. Eine Schlangenkönigin die sich aus dem Wald näherte legte ihre Krone auf den Kleidungsstücken ab, weil sie in dem Waldweiher ein kühles Bad nehmen wollte. Als sie ins Wasser glitt nahm das Mädchen die Krone an sich und lief schnell zurück nach Erzhütten. Als die Schlange dies bemerkte folgte sie dem Mädchen, dieses hatte sich inzwischen in der einfachen Hütte in der es hauste eingeschlossen. Die Schlangenkönigin sprang gegen die Tür so dass diese zerbarst, aber auch die Schlange kam dabei ums leben. Das Mädchen konnte somit die goldene Krone für immer behalten.“
Versuchen wir das Märchen zu deuten: Der Stadtteil Erzhütten wurde im 18.Jahrhundert als Erzgräbersiedlung bei Kaiserslautern gegründet. Also in einer Zeit da man davon ausgehen konnte das die Märchen schon „im Umlauf waren und keine neuen mehr erfunden wurden“. Der Stadtteil Erzhütten war eine Erzgräbersiedlung bestehend aus armseligen Hütten die von einer armen Bevölkerung bewohnt wurden. Diese Bevölkerung kam vorwiegend aus dem Lautertal (Wolfstein-Lauterecken) und der Sickinger Höhe (Bann-Landstuhl). Das Märchen musste also von woanders her mitgebracht worden sein und erfuhr hier nun seinen ätiologischen (Herkunftssage) Hintergrund: Alte Hütte und Waldweiher. Erzhütten liegt mitten im alten Reichsland (Reichswald) der in frühester Zeit von den Kelten besiedelt war was wir von wichtigen Funden her wissen. Auch die Bevölkerung die sich hier angesiedelt hatte kam aus ehemaligem keltischem Siedlungsgebiet. Sickinger Höhe und Nahe-Glan Gebiet. Das wichtigste Symbol in diesem Märchen ist die Schlange und die Krone, die Schlangenkönigin. Die Schlange selbst ist ein urkeltisches Symbol der Fruchtbarkeit. Die Kelten verehrten eine Erdschlange – die Widderkopfschlange, auch der Widder war bei ihnen ein Symbol der Fruchtbarkeit. Die Krone ist ein verstecktes Symbol für das Geweih des Widders. Auf dem berühmten „Kessel von Gundestrup“ findet sich neben dem Gott mit dem Hirschgeweih auch der Gott mit der keltischen Schlange (Schlange mit Widderkopf). Der Schlangengott der keltischen Mythologie ist vom Hirschgott nicht zu trennen. Er ist auch als Fruchtbarkeitsgott gedacht, gleichzeitig aber auch als Gott der Unterwelt, zu der die Schlange gehört. Dieser Gott wurde oft an heiligen Quellen und wehern oder Flüssen verehrt, diese Plätze spielen in der keltischen Mythologie eine besondere Rolle.
So hat sich das Märchen von seiner keltischen Urform ins 18.Jh. hinüber gerettet in dem es eine andere Kleidung annahm und in dem es sich seiner Umgebung anpasste: ärmliche Hütte dazu der Gegensatz einer wertvollen goldenen Krone. Das arme Volk träumte den Traum von Reichtum, also flossen diese Träume in jene Märchen keltischen Ursprungs in denen man sie am besten formen konnte um sich diese selbst zu eigen zu machen.
hukwa