Donnerstag, 16. April 2009

Vorwort zu meinem Baumbuch

Wer sich die Mühe macht in die Mythologie der Bäume einzudringen, wird mit zwei großen Symbolen konfrontiert, das eine ist die große Göttin, unserer aller Mutter, das andere ist der kosmische Baum, beide gehören auf ewig zusammen.
In der Geschichte der Menschheit nehmen die Bäume einen eigenen, hervorragenden Platz ein, in allen Kulturkreisen haben sie eine besondere Stellung. Sie waren dem Menschen nicht Dinge neben anderen Dingen, ihre archaische Ausstrahlung nur Form. Schon im Altertum wussten die Menschen das in der Baumgestalt, ein kosmisches wesen walte, sie waren davon überzeugt, dass Bäume eine Seele haben, sie waren Träger geheimer Kräfte, in ihnen inkarnierte sich die Kraft der Göttin und der Götter, waren Gleichnis für Wachstum, Reife, Leben, Tod und Wiederauferstehung. Hermann Hesse schrieb über die Baumgestalt: "Die Baumgestalt steht sinnbildhaft für die Menschengestalt. Ja, mir will scheinen, dass ein Baum wie ein lebendiges Wesen zu uns spricht: In mir ist ein Kern, ein Funke, ein Gedanke verborgen, ich bin Leben vom ewigen Leben. Einmalig ist der Versuch und Wurf, denn die ewige Mutter mit mir gewagt hat, einmalig ist meine Gestalt und das Geäder meiner Haut, einmalig das kleinste Blätterspiel meines Wipfels und die kleinste Narbe meiner Rinde. Mein Amt ist, im Ausgeprägten Einmaligen das Ewige zu gestalten und zu zeigen". Ein heidnischer Ton klingt aus diesen Zeilen zu uns herüber. Nach dem Sieg der Kirche über das Heidentum in Europa, wurden die alten Baumriesen zwar weiterhin verehrt, doch die alte Religion verschwand aus dem Bewusstsein der Menschen. Die Verkünder des Evangeliums fällten die heiligen Bäume und übergab sie und ihre Verehrer dem Flammentod. Der lebendige kosmische Baum durfte nicht mehr verehrt werden, dafür zwang man die Menschen dazu ein Stück totes Holz anzubeten. Wenn unsere zukünftigen Generationen überleben wollen, sind wir gezwungen, wieder ein Leben auf der Symbolik des Pflanzstockes zu leben. Wir müssen den Baum des Lebens wieder in uns gebären, so wie wir das Neue Zeitalter in uns gebären müssen. Das Zeitalter das mit dem kosmischen Baum, dem Lebensbaum verbunden ist. Dieses Zeitalter wird ein Zeitalter des Weiblichen sein, der alten Göttin nahestehend. Wir müssen bewusst das Auftauchen dieses Zeitalters in uns vorbereiten. Wir müssen aus den alten patriarchalischen Programmierungen ausbrechen, sie hinter uns lassen bis dieser Planet wahrhaft frei und menschlich geworden ist. Durch die Herabsetzung der alten Göttin hat die männliche Gesellschaft, die Vergewaltigung von Mutter Erde zum prototypischen Muster und Ausdruck gemacht. Alles was für sie Wert besitzt kann man in den beiden Worten Herrschaft und Ökonomie ausdrücken, Herrschaft über alles was schwächer ist und Rohstoffe nur als Ware sehen aus der man Geld schlagen kann. Das Ziel diesem Chaos zu entrinnen ist in Harmonie mit der Mutter allen Lebens zu leben, zu ihr zurückzukehren. Die Trennung von ihr und somit die Trennung von der Erde selbst, ist eine der Hauptursachen der Entfremdung der Menschen untereinander. Wir sind in dieser Wahnsinnslage gelandet weil wir offensichtlich über unseren Fortschrittsglauben die dazugehörende innere Entwicklung mehr als vernachlässigt haben. Wir haben versucht ein irdisches Paradies zu schaffen und die Bedürfnisse und das Wesen jener übersehen, die darinnen leben müssen. Ja, das unser Planet Bedürfnisse hat, noch nicht einmal dessen sind wir uns bewusst, diese alte Mutter Gaia, die ja ein Lebewesen ist. Die Faszination und Gier nach unersättlichem Wohlstand, nach ewigem Wachstum, stimmt schon lange nicht mehr mit den natürlichen Prinzipien der Erde überein. Da wir bis heute nicht begriffen haben das äußerer und innerer Fortschritt zusammengehören, haben wir immer in der Versuchung und Umsetzung gelebt die Welt zu verändern ohne dass wir einen Wandel auch nur angestrebt haben. Inzwischen fehlt uns lange schon jene Weisheit die sieht, was getan werden müsste. Die Blindwütige Besessenheit mit der wir dem materiellen Fortschritt und der unmenschlichen Ökonomie anhaften, hat uns blind für die Weisheit der alten Göttin gemacht. Wir brauchen ein neues Gleichgewicht, damit wir zu neuen Perspektiven finden. Wir müssen den Baum des Lebens in uns wieder zum blühen bringen, in unserem Innern muss er als erstes wieder Wachsen, um schließlich Früchte zu tragen. Wir sollten den alten Mythen wieder mehr Aufmerksamkeit schenken, in uns gehen und unsere Innerlichkeit mit dem äußeren vergleichen.
Erwacht in uns die Frucht die den Baum des Lebens zum erblühen bringt, so haben wir die Möglichkeit uns aus den Bändern der Täuschungen zu befreien, und ein Leben in Harmonie mit der alten Mutter zu führen, denn Bäume sind Heiler, sie Lehren uns den Respekt vor allem Lebenden auf unserem Planeten. Uns so ist eben auch jeder Baum ein Baum des Lebens.
Die Uralten unter Ihnen sind wahre Heilbäume. Im vergleich zu einem Menschenleben, werden unsere Freunde aus dem Reich der Pflanzen uralt. Während meiner Spaziergänge durch den Pfälzerwald treffe ich immer wieder mit ihnen zusammen. Wir teilen einander mit, treten zueinander in Verbindjung. Je älter ein Baum ist desto stärker ist auch seine Heilkraft. Als die ältesten Heute noch stehende Mammutbäume aus ihren Samen keimten, ging in Mitteleuropa gerade die Bronzezeit zu Ende. Die ältesten noch lebende Bäume der Erde sind krüppelige, verwachsene Grannen-Kiefern. Sie verdanken ihr Alter von über 4000 Jahren (nachgewiesenes Höchstalter 4700 Jahre) möglicherweise der Tatsache, dass sie an ihrem Hochgebirgsstandort in der
Sierra Nevada die längste Zeit des Jahres vereist bei Tiefkühltemperaturen zubringen müssen.
Mircea Eliade schrieb in "das Heilige und das Profane": "Die Mythen und Riten der Mutter Erde liegen also vor allem die Vorstellungen von Fruchtbarkeit und Reichtum zugrunde. Dabei handelt es sich um religiöse Gedanken, denn die vielerlei Aspekte der Fruchtbarkeit offenbaren letzten Endes das Mysterium der Geburt, der Erschaffung des Lebens. Nun ist aber für den religiösen Menschen das Erscheinen des Lebens das zentrale Mysterium der Welt. Dieses Leben "kommt von irgendwo außerhalb dieser Welt und zieht sich schließlich wieder zurück um ins Jenseits fortzugehen" und auf geheimnisvolle Weise weiterzudauern an einem unbekannten, dem größten Teil der Lebenden unzugänglichen Ort. Das menschliche Leben wird nicht als kurze Erscheinung in der Zeit – zwischen zwei Nichts – empfunden; es geht ihm eine Präexistenz voraus und es folgt ihm eine
Postexistenz. Man weiß nicht allzu viel über diese beiden außerirdischen Etappen des
Menschenlebens, aber man weiß auf jeden Fall, dass es sie gibt. Deshalb ist für den religiösen
Menschen der Tod nicht ein definitives Ende des Lebens sondern nur eine andere Form der menschlichen Existenz."
Was also dass mythische Denken betrifft ist es wichtig hier einigen Mythographen das Wort zu geben, denn der Mythos lebt auf ewig. Bereits die Dichter der Romantik waren davon überzeugt, es gebe Träume, die aus archaischen Seelenschichten stammen, eine Auffassung, die wir bei Nietzsche wiederfinden, wenn er sagt: "Im Schlaf und Traum machen wir das Pensum früheren Menschentums noch einmal durch." (Mensch.-Allzum.) "Der Traum bringt uns in Ferne Zustände der menschlichen Kultur wieder zurück und gibt ein Mittel an die Hand, sie besser zu verstehen.
Und er fährt in den "Unzeitgemäßen Betrachtungen" fort: "Dem Mythos liegt nicht ein Gedanke zugrunde, wie die Kinder einer verkünstelten Kultur vermeinen, sondern er selber ist ein Denker; er teilt eine Vorstellung von der Welt mit, aber in der Abfolge von Vorgängen, Handlungen und Leiden." Auf den Worten des Philosophen aufbauend, erklärt Heinrich Zimmer: "Der Mythos ist das einzige spontane Abbild des Lebens selbst in seiner strömenden Harmonie und seinen sich befehdenden Gegensätzen, mit all der Polyphonie und Harmonie ihrer Widersprüche. Darin beruht seine unerschöpfliche Kraft. Zeitalter und Einstellungen des Menschen, die längst vergangen sind, leben in den tieferen Schichten unserer Seele weiter. Das geistige Erbe des archaischen Menschen – Ritus und Mythos, die einst sichtbar sein bewusstes Leben lenkten – ist größtenteils von der Oberfläche des fassbaren und bewussten Bereiches verschwunden, überdauert jedoch und bleibt ewig gegenwärtig in den unterirdischen schichten seines Unbewussten. Es ist dies der teil unseres Wesens, der uns mit einer fernen Ahnenschaft verbindet und unsere unfreiwillige Verwandtschaft mit dem archaischen Menschen und mit den alten Kulturen und Traditionen herstellt.
Im Umgang mit den fernen Mythen und Symbolen unterhalten wir uns geradezu mit uns selbst – mit einem Teil von uns freilich, der unserem bewussten Wesen so wenig vertraut ist wie das
Erdinnere dem Geologiestudenten. Deshalb rüstet uns die mythische Überlieferung mit einer Art Landkarte aus, an Hand derer wir Gehalte unseres Inneren, zu denen wir bewusst kaum noch eine Beziehung haben, erforschen und bestimmen können." (Heinrich Zimmer- Abenteuer und Fahrten der Seele; ein Schlüssel zu den Indogermanischen Mythen.
Alle großen Mythographen waren davon überzeugt dass der Mythos etwas sehr lebendiges ist. Seine Symbolik drückt sich in einer eigenen Sprache aus und wenn wir von ihm berührt werden, sind wir ihm tatsächlich ausgeliefert, wie dies Joseph Campbel sehr schön mitteilte: "
"Ohne Übertreibung lässt sich sagen, dass der Mythos der geheime Zufluss ist, durch den die unerschöpflichen Energien des Kosmos in die Erscheinungen der menschlichen Kultur einströmen. Religionen, Philosophien, Künste, primitive und zivilisierte Gesellschaftsformen, die Urentdeckungen der Wissenschaft und Technik, selbst Träume die den Schlaf erfüllen, all dies gärt empor aus dem magischen Grundklang des Mythos.
Das Seltsame ist, dass das charakteristische Vermögen tiefliegende schöpferische Zentren zu berühren und zu wecken, auch dem geringsten Kindermärchen eigen ist, nicht anders, als der Geruch des Ozeans in einem winzigen Tropfen oder das ganze Geheimnis des Lebens in einem Fliegenei enthalten ist. Denn die mythischen Symbole sind nicht gemacht und können weder bestellt, erfunden noch dauernd unterdrückt werden. Sie sind spontane Hervorbringungen der Psyche, und jedes trägt in sich, als unbeschädigten Keim, die Kraft seines Ursprungs.
Was ist das Geheimnis der zeitlosen Vision? Von welchen Tiefen des Geistes leitet sie sich her?
Warum ist der Mythos allerorten sich gleich, mag auch sein Gewand wechseln? Und was ist seine
Lehre?"
Vielleicht gibt uns der Mythos Baum einige Antworten auf diese Fragen!
Die Kelten hatten eine große Beziehung zu Bäumen, wie natürlich die Germanen auch. Das Wort Baum wird in der keltischen Sprache mit „Lernen“ und „Wissen“ gleichgesetzt. Sie benutzten ein geheimnisvolles magisches Alphabet, „Beth – Luis – Nion, nannten die Druiden, die Priester und Eichenkundigen der Kelten es. Dies Alphabet war gleichzeitig auch ein Kalender, der aus einer Reihe von Baumnamen bestand. Der Name setzt sich aus den ersten drei Bäumen zusammen, mit deren Anfangsbuchstaben das Alphabet beziehungsweise der Kalender beginnt.
Hukwa