Sonntag, 16. August 2020

Schläft ein Lied in allen Dingen

Foto©UteKW
 

Die „Identität“ bei Schelling und die Substanz bei Spinoza

Der Philosoph muss ebenso viel ästhetische Kraft besitzen als der Dichter. Die Menschen ohne ästhetischen Sinn sind unsere Buchstabenphilosophen“ (Schelling).

Im System des transzendentalen Idealismus geht Schelling auf die ursprüngliche Identität von Natur und Geist ein. Alles was ist, ist an sich Eins, ist etwas „schlechthin identisches“ und muss auf einen gemeinsamen Ursprung zurückgeführt werden, auf eine universelle, geistige Kraft. Der Geist ist bewusste, die Natur bewusstlose Intelligenz. Schelling schreibt: „Was wir Natur nennen, ist ein Gedicht, das in geheimer wunderbarer Schrift verschlossen liegt“. In seiner Schrift „Bruno oder über das göttliche und natürliche Prinzip der Dinge“, sagt er:„das Universum schläft wie in einem unendlichen, fruchtbaren Keim“. Im Menschen kommt die Natur zur Sprache. Das will Schelling sagen. Was für Spinoza die Eine-Substanz war, das war für Schelling die „Identität“ mit der Natur. In seiner romantischen Denkweise hat er das erkannt, das da im Steine schläft, im Tiere träumt und im Menschen denkt. Das Licht, sagt er, ist eine vollständige Geometrie, und die Kristallisation ist ein unbewusster Gedanke. Diese Identität in der Natur, der Bezug zur Einen-Substanz, der Natura naturanas ist der Grundgedanke von Schellings Naturphilosophie. Man kann also den Geist, das Lebendige überhaupt, aus der Natur heraus nur verstehen, wenn man die Natur nicht als etwas mechanisches auffasst als eine Zusammenballung reiner Atome sondern als ein einheitliches Ganzes, dessen tiefste Existenz die Urkraft der Natur ist. Schelling in unsere Zeit übersetzt – macht deutlich, dass die Menschen gerade dabei sind durch ihre materielle Weltsicht das gesamte Gefüge der Natur und der Biosphäre zu zerstören. Die Entfremdung und Trennung von Natur und Geist führte zum Verlust von Harmonie und Vernunft im Menschen. Die Schellingsche Naturphilosophie war ein Gegenentwurf zur mechanistischen Naturauffassung und somit ein Versuch den materiellen Nihilismus aufzuhalten.

 

hukwa