Montag, 4. November 2019

Umweltbewusstsein und Naturbewusstsein


Ich möchte zugunsten der Natur sprechen,
zugunsten absoluter Freiheit...
Henry David Thoreau


Ich bemerke immer wieder in Gesprächen und bei Lektüre, eine Differenz zwischen Naturschutz, Umweltschutz und Klimawandel, komme aber nicht umhin diese drei Problematiken als ein Ganzes zu sehen. Die schon immer bei vielen vorherrschende Ansicht, Natur als reine Nützlichkeitsideologie zu sehen, also als „natura naturata“, (die gewirkte Natur) und nicht als „natura naturans“, (die erzeugende, schöpferische Natur) hat mit zu dieser ontologischen Differenz beigetragen aber auch der statische Naturbegriff der zum Teil immer noch vorherrscht.
Die Erfahrung von ökologischen Katastrophen, die wir ja alle gemacht haben, vor allem die des Klimawandels, hat uns doch eindeutig und schockartig gezeigt, dass wir Menschen eingebettet sind in den großen Kreislauf der Natur und das dieser nich unbegrenzt strapaziert werden darf. Dies hat sich in unserer Zeit in ein Überlebensinteresse verwandelt. Die industrielle – urbane Zivilisisierungsprozesse bedrohen unsere gesamte menschliche Existenz.
Als Menschen können wir nicht auf die Naturbasis unserer eigenen Existenz verzichten, sie ist die Grundlage von allem Mensch – Sein. Die Bewegtheit unseres Lebens ist ja nichts anderes als ein Wachsen und Vergehen. Steht also somit im Gegensatz zum cartesianischen Menschenbild – Ich bin Geist und habe einen Körper – nein, es ist so wie es Nikolaus von Kues ausdrückte: „In jedem Geschöpf ist das Universum dieses Geschöpf“ (De docta ignorantia). Wir alle sind spezifische Individuationen des großen Ganzen der Natur. Mir geht es nicht um einen schwärmerischen Pantheismus sondern um eine Standortbestimmung meines Menschseins zur Natur. Es gibt eine geisteswissenschaftliche Linie in der abendländischen Philosophie, die von den Vorsokratikern bis heute reicht und die den Mensch als Teil der Natur sieht und nicht als Abspaltung von ihr. Wären wir das, dann sind wir der berühmte „Fehlschlag“ der Natur. Aber- unser Ursprung und Sein ist eben Natur. Im philosophischen System des Idealismus bedeutet „Ursprung“, die letzte Einheit, das Prinzip, das rein durch Stoff (Naturstoff) gewordene, das Licht (der Natur).
In seinem System des transzendentalen Idealismus schreibt der Philosoph Friedrich Wilhelm Schelling: „Das höchste Ziel, sich selbst ganz Objekt zu werden, erreicht die Natur erst durch die höchste und letzte Reflexion, welche nichts anderes ist als der Mensch, oder allgemeiner, das ist, was wir Vernunft nennen, durch welche zuerst die Natur, vollständig in sich selbst zurückkehrt, und wodurch offenbar wird, das die Natur ursprünglich identisch ist mit dem was in uns selbst als Intelligentes und Bewusstes erkannt wird“.
Gerade das heutige ökologische Bewusstein müsste für solche Gedankengänge aufgeschlossen sein. Wer sich mit Ökologie befasst weiß wir sind in einer Sackgasse gelandet und müssen umdenken.
Die Abkehrung des Menschen von der Natur hat diesen zu einem negativen Seinsstatus geführt dem technischen – konsumistischen Sein. Dies schließt die „Naturvergessenheit“ mit ein. In der globalen Krisensituation der Gegenwart wäre es von Vorteil Umweltbewusstsein mit Naturbewusstsein zu verbinden dies könnte wohl auch eine gesteigerte Identität zu einem Mitsein der Natur bilden.

hukwa

Literaturhinweise:
Nikolaus von Kues: De docta ignorantia
Friedrich Wilhelm Schelling: System des transzendentalen Idealismus