Aus
Indien wird uns eine uralte Legende überliefert: Vor Anbeginn der
Welt war nur Gott. Das war für ihn wohl recht langweilig. Aufgrund
seiner Allmacht schuf er deswegen die Welt aus sich selbst heraus, um
damit spielen zu können. Die ersten Wesen aber die er dabei
geschaffen hatte, kannten ihre Herkunft und fanden die Welt nicht so
interessant und wussten den Weg zurück zu Gott immer wieder zu
finden. Der war damit bald wieder in der gleichen Situation als zu
Anfang. Also berief er eine Konferenz aller Götter ein, die er dazu
gezeugt hatte das sie ihm beim regieren der Welt ein wenig zur Hand
gingen. Diese schlugen ihm nun hinsichtlich seiner Probleme vor, den
Himmel doch einfach abzuschließen und den Schlüssel zu verstecken.
Aber wo? Viele Vorschläge wurden gemacht, ohne das man sich hätte
einigen können. Die menschlichen Wesen, die nun die Erde
bevölkerten, waren sehr intelligent und würden ihn sicher überall
suchen, selbst in den Tiefen der Meere und Ozeane, ja selbst im
Universum, wenn sie einst die Möglichkeit dazu haben.
Niemals
aber werden die Menschen nur einen Schritt in sich selbst hineintun,
meinte Gott, daher werde ich denn Schlüssel zum Universum im
Menschen selbst verstecken. In der Tiefe des menschlichen Unbewussten
also versteckte Gott den geheimnisvollen Schlüssel.
Was
könnte der Schlüssel wohl darstellen, denn Gott Tief in uns
versteckt hatte? Vielleicht ist der Schlüssel ein Symbol für etwas
das mit unserer verbindjung zum Kosmos zu tun haben könnte?
Vielleicht ist es dass was die alten Taoisten Chi nannten? Jene
Ur-Einheit aus der die universellen Gegensätze von Ying und Yang
hervorgehen, die durch ihr Wechselspiel denn Grundstein für die
Vielfältigkeit unserer sichtbaren Welt legen. Das gleiche wiederholt
sich bei den Hindus in dem Sanskritbegriff Mulaprakriti, einer
Urquelle, aus der durch Involution und anschließende Evolution alle
Dinge entspringen. Das chinesische Tao hat die gleiche Bedeutung. Die
Upanishaden sprechen von der "Mutter aller Dinge", die
Brahman ist.
"Brahman
dehnt sich aus; aus ihm ist die Materie hervorgegangen, und aus der
Materie das Leben, der Geist, die Wahrheit und die
Unsterblichkeit...(Mundaka, Upanishaden, Vers8).
In
seinem Essay, Kosmos, Geburt und Wiedergeburt einer Vision, schreibt
Ervin Laszlo:" Die Vision, die in den neuesten
Kosmologientheorien wieder auftaucht, drückt sich vielleicht am
deutlichsten im Raja-Yoga aus; "der königliche Weg", wird
in Pantanjalis-Yoga – Sutra dargestellt, und östliche Gelehrte
halten ihn für die wirkungsvollste Möglichkeit die Einheit zwischen
dem Menschlichen und dem Göttlichen zu erlangen. Yogi Swami
Vivekananda beschreibt die Kosmologie des Raja – Yoga anhand zweier
Grundelemente: Akasha und Prana. Akasha ist die Substanz, die allem,
was existiert, zugrunde liegt, während Prana die Urenergie ist, die
auf alles einwirkt und alles formt. Am Anfang gab es nur Akasha, und
am Ende wird es wieder nur Akasha geben. Akasha wird zur Sonne, zur
Erde, zum Mond, zu Sternen und zu Kometen; aus ihm wird der tierische
und der menschliche Körper, die Pflanzen, und alles was existiert.
Prana hingegen ist die unendliche und allgegenwärtige Kraft, die auf
Akasha einwirkt. Prana ist Bewegung, Gravitation und Magnetismus; es
ist gegenwärtig in den Handlungen der Menschen, in den Nervenströmen
des Körpers und sogar in der Kraft der Gedanken. Am Ende einer
kosmischen Phase lösen sich alle Kräfte wieder in Prana auf, so wie
alle Dinge in Akasha vergehen. Und Akasha ist nicht passiv: Als
legendäre
"Akasha
Chronik" bewahrt es die Spuren von allem auf, das im Kosmos
stattfindet".
Leider
ist der Mensch von heute zu rational eingestellt als dass er in
dieser Chronik noch lesen könnte, er ist von der ihn umgebende
Wirklichkeit so überzeugt, dass er andere Wirklichkeiten und Ebenen,
in seiner Welt, nicht als existierend anerkennt. Aber dennoch wird er
hineinwachsen müssen, durch die kosmische Evolution an der er ja
beteiligt ist. S. Radhakrishnan schreibt in seiner wunderbaren
Bhagavadgita – Übersetzung folgendes..."Der Mensch befindet
sich auf der vierten Stufe, vijnana oder Vernunft. Er ist nicht der
Herr seiner Handlungen. Er hat Kenntnis von der allumfassenden
Wirklichkeit, die in dem ganzen Weltenplan wirkt. Er scheint Materie,
Leben und Geist zu kennen. Er beherrscht in einem hohen Grade die
materielle Welt, das Leben und selbst die dunklen Regungen seiner
Wesensanlagen, ist aber noch kein vollkommen erleuchtetes Bewusstsein
geworden. Wie die Materie vom Leben, das Leben vom Geist und der
Geist durch die Vernunft abgelöst wird, so wird der verständige
Mensch in ein höheres, göttliches Leben hineinwachsen.
Fortschreitende Selbsterweiterung ist ein Naturtrieb. Gottes Weltplan
oder die kosmische Bestimmung des Menschen besteht in der
Verwirklichung des unsterblichen Bestrebens durch den sterblichen
Körper, der Erfüllung des göttlichen Lebens in diesem und durch
dieses physische Gefäß und das intellektuelle Bewusstsein."
Das
Göttliche wohnt im innersten Wesenskern des Menschen und kann nicht
ausgelöscht werden. Es ist das innere Licht, der Schlüssel zum
Universum, die kosmische Bestimmung des Menschen.
Gleiche
Ansichten finden wir bei Platon, bei Spinoza und Leibnitz. In Platons
Ideenlehre sind die Ideen objektiv und göttlichen Ursprungs, sie
gehen auf das Eine zurück. In einem jenseitigen Raum hinter der
sichtbaren materiellen Welt sind sie das Ziel allen menschlichen
Strebens. Das irdisch-materielle ist nur ein Schatten (Maya?), denn
die eigentliche Wirklichkeit beginnt außerhalb des stofflichen
Lebens, in einer anderen zeitlichen Dimension.
Nach
Spinoza gibt es drei Gattungen von Erkenntnis. Die Sinneswahrnehmung,
das rationale Denken und die intuitive Erkenntnis: "Die
rationale Erkenntnis geht diskursiv vor, während die intuitive
Erkenntnis mit einem Blick in die ontologische Tiefe dringt. Sie
erfasst die Modi als Ableitungen aus der Substanz, sie sieht in ihnen
die Substanz selbst und ihre Notwenigkeiten. In der Wissenschaft, in
der rationalen Erkenntnis, verbinden wir einen Modus mit einem
anderen Modus in der Kette der Ursachen. In der intuitiven Erkenntnis
dagegen verknüpfen wir nicht mehr Modus mit Modus, sondern wir
verbinden die Modi mit ihrer kausalen Notwendigkeit mit der
ontologischen Notwendigkeit der Substanz". (Jean Hersch). Also,
nicht Modus an Modus, sondern Modus an Substanz. Zu dem Begriff Modi
schreibt Spinoza:"...unter Modus verstehe ich die Affektionen
(vorübergehende Zuständlichkeiten) der Substanz". Modi sind
alle endlichen, unselbstständigen Einzeldinge, Einzelheiten, die in
den zwei gänzlich getrennten Reichen des Räumlichen und des Denkens
als vorübergehende Formen der unterschiedlichen Substanz existieren.
Man
kann also sagen: Die Substanz ist in jenem jenseitigen platonischen
Raum der Ideen zu Hause. Über die Modi erreichen uns sozusagen
"Wellen" der Substanz. Der Mystiker würde sagen: Uns
erreichen schwache Lichtstrahlen des göttlichen Lichtes.
Leibnitz
erklärt uns das ähnlich in seiner Mondalogie: Die wahren Substanzen
sind selbsttätige, kraftbegabte, seelische Einheiten, Monaden, deren
Wesen vorstellen ist. Jede Monade ist ein Spiegel des Universums. Die
Monaden bilden eine Stufenfolge von der untersten schlummernden
Monade, deren Seelenleben noch unbewusst ist, bis zur göttlichen
Monade, der Monade der Monaden.
Dies
ist Philosophia perennis, die ewige Philosophie, mit ihren immer und
ewig geltenden Wahrheiten, die zusammen das höchste, aufgerichtete
Wissen verkörpern.
hukwa
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