Leise
betritt der Wanderer das Reich der Bäume, unwillkürlich atmet er
auf und sein Auge erfreut sich an den grünen Schatten die die
mächtigen Bäume werfen. Aus den Baumkronen dringt das Summen und
Schwärmen geflügelter Insekten. Zwischen den Zweigen lassen Vögel
ihr Gezwitscher ertönen und je tiefer man in den Wald eindringt,
desto mehr Wildpfade kreuzen die Wanderwege.
Gefüllt
vom ewigen Leben der Natur ist der Wald. Stets keimt es im grünen
Reich der Bäume, immer wird geboren, wächst heran, kämpft und
stirbt es in der Natur. Manche Tiere legen sich am Abend zur Ruhe und
die anderen erwachen nun erst. Der Pulsschlag von Mutter Natur pocht
unaufhörlich.
Fotos © Ute Knieriemen-Wagner |
Der
Winter lässt ihn für einige Zeit in eine Starre fallen, doch auch
während des tiefsten Frostes finden wir noch Lebensspuren in ihm.
Der hohe Sommer jedoch, ist die wahre Zeit der Wälder. Der Wald ist
wahrlich freigiebig und beschenkt sogar jene, die nicht unbedingt
nach seinem Reichtum streben.
Es
ist als strahle die Kraft des ewigen Kreislaufes des Lebens aus
seinem Dunkel heraus und dringe in die menschliche Seele ein. Die
erhabene Schönheit der alten Bäume, ihre majestätische Ruhe, in
der sie seit Jahrzehnten und Jahrhunderten in ihrem Boden leben hat
seit jeher bei den Menschen Respekt erweckt.
Der
französische Philosoph Jean
Jaques Rousseau schrieb
einst an einen Verwandten:
„Die
Natur ist voller Wunder, lieber Cousin; uns wird nur der Einblick in
einen sehr kleinen Teil gewährt; es besteht also wenig Hoffnung,
dass wir ihre Prinzipien einmal gänzlich verstehen oder all ihre
Geheimniss enthüllen können.“
Ähnlich
drückte es auch Bernhard
von Clairvaux aus:
„Du
wirst mehr in den Wäldern finden als in den Büchern. Die Bäume und
die Steine werden dich Dinge lehren, die dir kein Mensch sagen wird.“
Wenn
man die Formen von Pflanzen, Bäumen und Felsen betrachtet, wenn wir
in den Nächten zu den aufblinkenden Sternen schauen, kommen wir
schnell hinter das Geheimnis der Natur das die Philosophen und
Dichter so oft beschrieben und besungen haben.
Bei
einem meditativen Spaziergang durch den Wald, durch die Feld- und
Wiesenflur spürt der Wanderer alsbald die Beziehung die zwischen ihm
und Allmutter Natur besteht. Die ganze Natur scheint ihm beseelt. Die
Bewegungen der Pflanzen im Wind scheinen ihm vertraut. Der Gang zu
den Bäumen ist doch letztendlich wie eine Andacht, ein Gang der
Freude, denn dort, wo Bäume wachsen scheint uns die Natur besonders
freundlich gesinnt zu sein.
Es
waren nicht nur die Philosophen und Dichter die sich von den
Geheimnissen des Waldes inspirieren ließen, auch die Künstler
versuchten in das Rätsel der Natur einzudringen und dies in ihren
Werken darzustellen. Einer von ihnen war der Maler Karl
Wilhelm Kolbe der vor
langer Zeit schrieb:
„Was
seit jeher in der Natur mich am meisten angezogen hat, sind Bäume
und Kräuter... und die Sonne, die ihnen Licht und Wärme mitteilt.
Hier rührt und reizt mich alles, die schöne grüne Farbe, die dem
Auge so wohl tut, die unendliche Mannnigfaltigkeit der Formen und die
verschiedenheit des Ausdrucks, die in jeder derselben liegt; vor
allem aber das Leben, dass sie beseelt, dass ihre Welt an die meinige
schließt... Dies alles... berührt wie mit einem Zauberstabe meine
rege gewordene Phantasie... „
Mit
vollem Recht durfte Kolbe von sich sagen: „Bäume
sind es, die mich zum Künstler gemacht haben“.
Denn die Gestalten die er schuf, sind nichts anderes als die
Vermenschlichung des Lebens und Schicksals, das ihm Bäume und Wälder
offenbarten. Er gestand offen, das wenn im „Paradies
keine Bäume wären, er für seine Seligkeit keinen Pfifferling geben
möchte“.
Auch
Goethe empfand so. Sein „Baum
– und Waldvermächtnis“
hinterließ er uns in einem wunderschönen Gedicht:
Sag
ichs euch geliebte Bäume
Die
ich ahndevoll gepflanzt,
als
die wunderbarsten Träume
morgenrötlich
mich umtanzt.
Ach,
ihr wißt es, wie ich liebe,
Die
so schön mich wiederliebt,
Die
den reinsten meiner Triebe
Mir
noch reiner wiedergibt.
Wachset
wie aus meinem Herzen,
Treibet
in die Luft hinein,
Denn
ich grub viel Freud und Schmerzen
unter
eure Wurzeln ein.
Bringet
Schatten, traget Früchte,
Neue
Freude jeden Tag;
Nur
dass ich sie dichte, dichte,
Dicht
bei ihr genießen mag.
hukwa