Die zentrale Rolle in der Welt der Kelten spielten die
Druiden und dies nicht nur in religiöser Hinsicht. Wir wissen heute das es in
der keltischen Gesellschaft nicht den geringsten Unterschied zwischen dem
Bereich des Sakralen und des Profanen gab. Gegenüber dem griechisch – römischen
Denken war die Geisteshaltung der Kelten eine vollkommen andere. Die Kelten
hatten ein anderes Wertesystem, eine andere Wirklichkeitsauffassung, eine ganz
andere Art zu denken und zu empfinden, als die Griechen und Römer. Dieses
„andere Denken“ der Kelten beruhte unter anderem auch auf der Philosophie der
Druiden. Es waren die Griechen die den Druiden die Bezeichnung Philosophen
gaben. Sie sahen das druidische Denksystem als eine philosophische Schule an,
obwohl sie dieses wohl nicht begreifen konnten. Das dass Denken der Kelten so
völlig anders war als dass der Griechen und Römer geht vor allem aus der Rolle
der Frau in der keltischen Gesellschaft hervor. Allein das es nicht nur Druiden
sondern auch Druidinnen gab, also auch „Philosophinnen“, war bei den Griechen
und Römern undenkbar. In seinem Buch die „keltische Frau“, schreibt der
Keltologe Prof. Markale:
„Die Druiden stellten für den römischen Staat eine absolute
Bedrohung dar, weil ihre Wissenschaft und Philosophie der römischen Orthodoxie
in gefährlicherweise widersprach. Die Römer waren materialistisch, die Druiden
spirituell. Für die Römer war der Staat eine monolithische Struktur, der sich
über bewusst hierarchisch organisierte
Territorien erstreckte. Für die Druiden stellte er eine auf freier Übereinkunft
beruhende moralische Ordnung mit einem rein mythischen zentralen Grundgedanken
dar. Das römische Recht basierte auf privatem Grundbesitz, wobei die
Eigentumsrechte ausschließlich in den Händen der Familienoberhäupter lagen,
während für die Druiden Eigentum immer etwas kollektives war. Die Römer
betrachteten Frauen lediglich als Gebärmaschinen und Lustobjekte, die Druiden
bezogen sie in ihr politisches und religiöses Leben mit ein. Daraus lässt sich
ermessen wie sehr das subversive Gedankengut der Kelten die römische Ordnung
bedrohte, obwohl dies nie offen ausgedrückt wurde. Der Eifer, den die Römer bei
ihrer Abschaffung der gallischen und britischen Eliten an den Tag legten, wird
immer wieder bestaunt; dabei lässt man jedoch die Tatsache außer acht, dass es
sich hier für die römische Gesellschaft um eine Frage von Leben und Tod
handelte“.
Wir sollten uns immer Bewusst vor Augen halten dass die
alten klassischen Berichte, allen voran Cäsar, antikeltische Propaganda des römischen Imperiums waren. Noch heute
herrscht in der Fachwelt die Tendenz vor, diese Quellen als nicht
anzuzweifelnde Tatsachen zu akzeptieren. Als dann die Kelten endlich damit
begannen ihre eigene Geschichte schriftlich zu skizzieren, waren aus ihnen
bereits Christen geworden, weshalb die Druiden in diesen Dokumenten nicht mehr
so dargestellt wurden wie sie wirklich waren.
Hier muss auch einmal dem Vorurteil, die Kelten seien Analphabeten
gewesen, ein Riegel vorgeschoben werden. Die Elite der Kelten war schon des
Schreibens kundig, es waren wohl die Druiden von denen es ausging, das Wissen
nicht schriftlich weitergegeben werde durfte. So ist es auch nicht
verwunderlich das die Ausbildung zum Druiden fast zwanzig Jahre in Anspruch
nahm. Die Kelten waren das europäische Volk dass am meisten romantisch verklärt
wurde, wohl und vor allem weil wir bis heute noch nicht genau ihre Mythologie
verstanden haben. Hier darf man vor allen Dingen nicht vergessen das fast der
gesamte europäische Märchenschatz auf der Mythologie der Kelten beruhte. Joseph
Campbell schreibt zu recht:
„Fast alle Einzelheiten seines Märchenlandes entnahm Europa
der Phantasiewelt der Kelten. Die
Jugend Siegfrieds, Brunhilds Schlaf, das Schwert im Baum und das
zerbrochene Schwert sind aus der keltischen Tradition übernommene
Motive…verzaubert schlafende Prinzessinnen, einsame Schlösser im gefährlichen
Wald, rauschende Drachen in reifbedeckten Höhlen, der Merlinzauber, die Fee
Morgane und kichernde alte Hexen die durch einen Kuss in die schönste Jungfer
der Welt verwandelt wurden“.
Dieser riesige Märchenschatz der vor allem in Irland und
England in Sammlungen wie dem „Mabinogion“ enthalten sind, das ist dass „andere
Denken“ der Kelten, ja, das ist die „Anderswelt“ der Kelten. Auch in den
Märchen der Brüder Grimm tauchen immer wieder Motive aus der keltischen
Mythologie auf. Sie haben sich im Lauf der Jahrhunderte mit Motiven anderer
Völker vermischt, doch das Gerüst dieser Märchen entstammt dem denken der
Kelten. Mathew Arnold hat es so beschrieben:
„Ein mittelalterlicher Geschichtenerzähler plündert ein
Vorratslager von Antiquitäten aus, ohne den Sinn dessen, was er da vorfindet,
immer voll und ganz zu begreifen. Erist wie ein Bauer, der seine Hütte auf der
Stelle errichtet, auf der einst Halicarnassus oder Ephesus gestanden haben.
Er baut, und in das Mauerwerk gehen Materialien mit ein,
deren Geschichte und Wert er nicht genau kennt.
Er sieht Steine und Quadern, aber zu welchem Bauwerk sie
ursprünglich gehörten, das weiß er nicht. Sie stammen aus einer älteren Epoche
der Architektur, in Formen und Strukturen größer, komplizierter und
majestätischer als alle Formen seines Vorstellungsvermögens“.
Es wurde viel darüber geschrieben das die Kelten und vor
allem ihre Philosophen die Druiden romantisch verklärt wurden, das ist auch
vollkommen richtig, aber wenn wundert dies bei einem Volk dass einen solchen
Märchenschatz hervorgebracht hat und eine der geheimnisvollsten Mythologien
besitzt. Diese Mythologie ist sehr naturalistisch geprägt.
Man kann mit Sicherheit annehmen dass Naturobjekte, wie etwa
Berge und Höhen, Quellen und Flüsse, Bäume, aber auch die Megalithbauten von
altersher Gegenständer der Verehrung und des Kultes bei den Kelten waren. Vor
allem Baum- und Quellenkulte sind bis in eine sehr späte Zeit aus den
gallischen Heiligenriten bekannt, und heute noch werden den Dolmen und Menhiren
Frankreichs geheimnisvolle Kräfte zugeschrieben, die den Ausgangspunkt eines ganzen Abergläubischen Handlungskomplexes
bilden.
Man muss Jacques Moreau recht geben wenn dieser schreibt:
„Die seltsame Mischung von Irrealem und Übernatürlichem, von
Märchenhaften und gesunden Wirklichkeitssinn spiegelt das träumerische Wesen
wider, das so charakteristisch für das keltische Volk ist“.
In seinem Buch „die Welt der Kelten“ schrieb Moreau zum
Abschluss:
„Man hat zuweilen die Frage aufgeworfen, was der Welt
dadurch verlorengegangen sei, dass Rom die keltische Kultur auf dem Festlande
vernichtet hat, ehe sie zu ihrer vollen Entfaltung gelangen konnte. Es ist
ziemlich müßig, das Rad der Geschichte zurückdrehen zu wollen und sich zu
überlegen, wie anders die Entwicklung unserer Kultur verlaufen wäre, wenn
Vercingetrix Cäsar besiegt hätte. Auch nach einem Sieg der Vercingetorix wäre
Gallien ebenso wie alle anderen keltischen Provinzen schließlich doch
unterlegen. Die Kelten waren nicht dazu geschaffen, der Welt das Beispiel eines
großen, durch feste Gesetze regierten Reiches zu geben und durch eine
einheitliche zielbewusst gelenkte Machtpolitik in der Geschichte nachhaltige
Spuren ihres politischen Könnens zu hinterlassen. Aber wer wagt es zu
entscheiden, ob Martha oder Maria den besseren Entscheid gewählt hat? Wenn die
Tat mit recht die Schwester des Traums heißt, dann setzt sich alle Kultur aus
den beiden zusammen, und unsere europäische Kultur schuldet dann wohl einige
ihrer höchsten Werte jenen, die einst in Gold und Bronze unendliche Kurven –
Spiegelungen ihrer ins unendlich schweifende Träume – einritzten oder in einem
Grashalm das Bild des Universums erblicken konnten“.
hukwa