Sonntag, 20. Februar 2011

Keltische Wurzeln im Pfälzer Märchen

Die wichtigste Rolle im Leben der keltischen Stämme, ja die zentrale Rolle, spielten die Druiden. So überliefert uns Cäsar in seiner De bello gallico: „In ganz Gallien gibt es zwei Klassen von Menschen, die Geltung und ehre genießen, denn das niedere Volk nimmt beinahe die Stellung von Sklaven ein…Die eine Klasse ist die Klasse der Druiden, die andere Klasse die der Equites. Die Druiden versehen den Götterdienst, besorgen die öffentlichen und privaten Opfer und legen die Religionssatzungen aus. Bei ihnen finden sich junge Männer in großer Zahl zur Unterweisung ein, und sie genießen hohe Verehrung, denn sie entscheiden bei fast allen öffentlichen und privaten Streitigkeiten. Sie sprechen das Urteil, wenn ein Verbrechen begangen wurde, ein Mord geschah, Erbschafts- oder Grenzstreitigkeiten ausbrechen, sie setzen Belohnungen und Strafe fest. Fügt sich ein Einzelner oder ein Volksstamm ihren Entscheidungen nicht, so schließen sie die Betroffenen vom Götterdienst aus. Dies stellt bei den Galliern offenbar die härteste Strafe dar…An der Spitze aller Druiden steht derjenige, der bei ihnen das größte ansehen genießt…Die Druiden ziehen gewöhnlich nicht in den Krieg und zahlen auch keine Abgaben wie die übrigen Gallier. Sie sind vom Waffendienst befreit und haben keine anderen Verpflichtungen“.

(De bello gallico, VI, 13/14)

Wenn wir die Autoren der klassischen Antike lesen und ihre Überlieferungen über die Druiden so bemerken wir schnell dass sie in den Druiden keine primitiven Zauberer sahen sondern mit großer Bewunderung von diesen sprachen und schrieben.

Cicero der sich öfters mit dem Druiden Diviciacus traf schrieb über diesen:

„Er behauptete, die Naturgesetze zu kennen- das, was bei den Griechen Physiologie heißt-, und er besaß die Fähigkeit, durch Beobachtung und Deutung der Zeichen die Zukunft vorauszusagen…“ (De Divinatione, I, 40)

Wir wissen das man in Griechenland das Druidentum als ein vollständiges philosophisches System ansah, manche sahen sogar einen Zusammenhang zwischen den Lehren des Pythagoras und den geheimen Überlieferungen der Druiden. Clemens von Alexandria berichtet uns von einer Überlieferung, nach der Pythagoras nicht nur Schüler der Brahmanen, sondern auch ein Schüler der Druiden der Galater gewesen sei.

Die „Hinterlassenschaften“ der Druiden finden sich vor allem in den Märchen. Da die Druiden ihre Lehren nur mündlich und an auserwählte Schüler weitergaben, ist es nicht möglich auf irgendwelche Texte zu verweisen, außer eben jener der griechischen und römischen Historiker und Zeitzeugen.

Ausgrabungen und historische Stätten beweisen das dass Gebiet des Pfälzerwaldes eine bedeutungsvolle keltische Vergangenheit besitzt. Nun wissen wir zwar wenig über das gesellschaftliche Leben der Kelten, über die lehren der Druiden wissen wir so gut wie gar nichts und somit auch fast nichts über die Religion der Kelten, denn diese war ja das Druidentum.

Der keltenforscher Jean Markale bemerkt in seinem Buch „Die Druiden- Gesellschaft und Götter der Kelten“ : Das Druidentum hat keinerlei Bedeutung oder Existenzgrundlage außerhalb der keltischen Gesellschaft, aus deren geist es geboren wurde. In gewisser Weise ist das Druidentum sowohl die Grundlage der keltischen Gesellschaft als auch ihre Folgeerscheinung. Daraus ergibt sich die gesellschaftliche Funktion des Druiden“.

Die soziale Stellung des Druiden stand noch über der des keltischen Fürsten oder Königs. In der bekannten irischen Erzählung vom „Rausch des Ulates“, lesen wir: Die Ulates durften nicht sprechen, bevor der König das Wort ergriffen hatte, und der König durfte nicht sprechen, bevor die Druiden das Wort ergriffen hatten“.

Dion Chrysostomos, ein Zeitgenosse von Plutarch, Tacitus und Plinius dem Jüngeren schreibt: „Die Kelten nannten ihre Priester Druiden; sie beherrschten die Kunst des Weissagens und jede andere Wissenschaft; ohne ihre Zustimmung durfte der König weder handeln, noch eine Entscheidung treffen, so dass in Wirklichkeit sie die Herrscher waren, während die Könige nur wie Diener ihren Willen vollstreckten“.

Über die Philosophie und das Wissen der Druiden ist uns nichts überliefert. In den Märchen jedoch finden wir Bruchstücke, dieses alten druidischen Wissens.

Mit dem Untergang des Keltentums, dass im Jahre 52 unserer Zeitrechnung eingeleitet wurde durch die tragische und verheerende Schlacht bei Alesia, trat auch eine Änderung im denken der europäischen Völker ein. Die griechisch- römische Geisteshaltung der Logik begann sich durchzusetzen und die heidnisch – spirituelle Welt der Kelten geriet in Vergessenheit. Ein winziger Teil des religiösen Denkens der Kelten erhielt sich in den Schatztruhen der europäischen Märchenwelt, wo es seither ein geheimnisvolles Leben führt und das dass Unbewusste der Menschen bis heute auf seine ganz eigene Art Inspirierte. Joseph Campbell schrieb daher zu recht:…“das aus dem keltischen Feenreich eine wilde Wunderwelt heraufbeschwor: verzaubert schlafende Prinzessinnen, einsame Schlösser im gefährlichen Wald, rauschende Drachen in reifbedeckten Höhlen, der Merlinzauber, die Fee Morgane und kichernde alte hexen, die durch einen Kuss in die schönste Jungfer der Welt verwandelt wurde. Fast alle Einzelheiten seines Märchenlandes entnahm Europa der Phantasiewelt der Kelten. Die Jugend Siegfrieds, Brunhilds Schlaf, das Schwert im Baum (und Stein, Anmerkung des Verfassers) und das zerbrochene Schwert sind aus der keltischen Tradition übernommene Motive“. (Joseph Campbell – Der Flug der Wildgans).

Diese Motive sind auch Teil unseres kollektiven Unbewussten, anhand solcher Motive lässt sich tatsächlich eine Art „geistiger Stammbaum“ errichten, denn es müsste ja richtig sein, das immerwiederkehrende Motive einer bestimmten durchgehenden Linie entstammen, so dass Einzelne auf Berufung ihrer Träume herausfinden können, wo ihre vorgeschichtlichen Wurzeln zu finden sind. So kann man mit Heinrich Zimmer übereinstimmen wenn dieser schreibt:…Es ist die Sphäre des Ewig – Weiblichen, Stätte der Zeitlosigkeit und des unerschöpflichen Lebens. Quelle des Todes, aus dem das Leben sich ständig wiedergebiert. Es ist der geheimnisumwobene ort, von zahllosen Helden in Märchen und Legenden der ganzen Welt aufgesucht, unter vielen historischen Verwandlungen wiederzuerkennen: er gehört zu unserem universalen Vorrat archetypischer Sinnbilder. Die Fassung, die uns die keltischen Märchen und der Artuszyklus übermitteln stammt aus dem mythischen Bilderschatz der altertümlichen mütterrechtlichen Ordnung, wie sie der vorkeltischen Kultur des westlichen Frankreichs und der britischen Inseln eigen war“.

Als die keltische Welt unterging, ging auch das Druidentum und somit die alte Religion der Kelten unter. Die Druiden wurden zu Zaubermeistern erklärt und lebten wohl noch längere Zeiten abgelegen in den Wäldern wo sie ihren Riten nachgingen und diese auch zelebrierten. Diese untergegangenen Druiden sind es vor allem die uns in den Märchen als zaubergewaltige Hexen und Zauberer begegnen.

Das pfälzische Märchen ist in seiner Poesie sehr karg, nicht besonders ausgeschmückt und oft endet es abrupt oder man hat das Gefühl ihm fehlt etwas, als sei es manchmal unvollständig. Das keltische Material im pfälzischen Märchen ist nur sehr schwer Fassbar, weil wir eben überhaupt nichts mehr wissen über die religiösen Überlieferungen aus dieser keltischen Zeit und somit den Druiden die ja die Bewahrer der keltischen Religion und Spiritualität waren.

Um mit Jean Markale zu sprechen: „Die griechisch – römische Geisteshaltung, die auf dem Glauben an den Universalismus und an die Logik des ausgeschlossenen Dritten basiert, begann langsam, aber sicher das sogenannte „barbarische“ Denken der Kelten zu verdrängen.

So vergaßen die Westeuropäer allmählich, dass sie Söhne der Kelten und Erben der spirituellen Tradition der Druiden sind.

Vor der Katastrophe von Alesia sah die Welt ganz anders aus: Es gab ein anderes Wertsystem, eine andere Wirklichkeitsauffassung, eine andere Art zu Denken und zu Empfinden, andere geistige Konzepte. Das alles ist nicht spurlos verschwunden; von dieser Vergangenheit zeugen Spuren in Museen und Bibliotheken, und es gibt darüber hinaus noch lebendige Keime, die nur des geeigneten Bodens harren, um sich wieder zu entfalten“.

An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen das Markale mit „entfalten“ nicht eine Widerbelebung des Druidentums meint, wie wir dies Heute vielfach in oft hausbackener und kindischer Aufmachung vorfinden, sondern hier sind die keime des kollektiven Unbewussten gemeint, wie dies auch Heinrich Zimmer gesehen hat.

Hukwa

Der erste Teil dieses Artikels findet ihr in meinem Gesamtkunstwerkblog unter dem Titel:

Die Kelten im Pfälzerwald.

hukwa