DieVogelkirsche ist Baum des Jahres 2010
Baum im Herbst
Noch ringt verzweifelt mit den kalten
Oktobernächten um sein grünes Kleid
Mein Baum. Er liebt`s , ihm ist es leid,
Er trug es fröhliche Monde lang,
Er möchte es gern behalten.
Und wieder eine Nacht, und wieder
Ein rauher Tag. Der Baum wird matt
Und kämpft nicht mehr und gibt die Glieder
Gelöst dem Fremden Willen hin,
Bis der ihn ganz bezwungen hat.
Nun aber lacht er golden rot
Und ruht im Blauen tief beglückt.
Da er sich müd dem Sterben bot
Hat ihn der Herbst, der milde Herbst
Zu neuer Herrlichkeit geschmückt.
Hermann Hesse
Die Vogelkirsche, Prunus avium, wurde zum Baum des Jahres 2010 gewählt. Diese Wildkirsche ist die Stammpflanze unserer kultivierten Süßkirschen. Unsere Sauerkirschen haben einen anderen Stammvater, sie sind aus der wilden Sauerkirsche, Prunus cerasus, der asiatischen Weichselkirsche entstanden. Vor allem im Herbst leuchtet Prunus avium der bis zu 150 Jahre alt werden kann rot und orangefarben in unserer pfälzischen Landschaft und trägt zum Zauber des Altweibersommers bei. Schon Anfang April verwandelt die Vogelkirsche durch ihre weißblühende Blütenpracht ihre Umgebung und blüht vielerorts mit der Schlehe regelrecht um die wette. Bis zu ihrem 40. Lebensjahr wächst sie rasch und entwickelt eine locker verzweigte Krone mit aufstrebenden Ästen und vielen gleichmäßig verteilten, mit seitlichen Kurztrieben versehenen, Längstrieben. Mit 50-60 Jahren hat sie ihr Wachstum abgeschlossen und erreicht in dieser Zeit im Bestand mit andern Bäumen eine Höhe von 16 bis 20 m und bisweilen ein Durchmesser bis zu ½ m. Geschlechtsreif wird sie mit 20 – 25 Jahren. In der Jugend ist ihre Rinde glatt, glänzend, rötlichgrau und löst sich später ringförmig in bandartigen Lappen ab. Im hohen Alter bildet sie oft eine flachrissige Borke. Die Vogelkirsche ist in ganz Deutschland verbreitet. In unserer pfälzischen Heimat bewohnt und besiedelt sie die Waldgebiete als auch die Felder und Fluren. In ihren Ansprüchen an Nährstoffe und Feuchtigkeit ist dieser Baum ein äußerst genügsames Pioniergehölz, und kann auf Grund ihrer Hitze und Trockenheitstoleranz sogar vom Klimawandel profitieren. Vor allem im Frühjahr stellt die Vogelkirsche mit ihrer weißen Blütenpracht eine der ersten und wichtigsten Nahrungsquellen für Insekten dar, allen voran Bienen und Hummeln.
Die Mythologie und Volkskunde stellen die Vogelkirsche in die Nähe der Erle. Wie bei diesem Baum, so soll auch der wilde Kirschbaum die Wohnstätte von Wald und Baumgeistern sein. Nach volkskundlicher Überlieferung haben die Geister des Kirschbaumes etwas von blassen Licht des Mondes, vor allem in Vollmondnächten sollen sie unter dem blühenden Baum tanzen. Die Verknüpfung von Mondlicht und Kirschbaum führt zurück in das tiefe Altertum. Schon immer sahen Menschen einen Zusammenhang zwischen dem Wachstum, dem Absterben und der Neubelebung der Pflanzenwelt in Verbindung zu dem abschwellenden und zunehmenden Mond. Der Mond gilt auch heute noch als Antrieb des vegetarischen und animalischen Lebens. Die Bauern richteten sich in der Aussaat, der Ernte und im Viehauftrieb nach ihrem, oft, eigenen Mondkalender. Jahrhunderte lang gingen Holzfäller nur bei bestimmtem Mondstand in den Wald um besonders wertvolle Bäume zu schlagen und die Müller regulierten den Lauf des Mühlenbachs nur, wenn der Mond in einem positiven Wasserzeichen stand.
Kirschzweige waren bei unseren germanischen Vorfahren den weiblichen Gottheiten geweiht. Das Christentum hat diesen Brauch in Form der "Barbarazweige" fortgeführt. In vielen Pfälzer Gegenden schickte man junge Mädchen los um am 4.Dezember Kirschzweige zu holen. Diese wurden dann in eine mit Wasser gefüllte Vase an einem warmen Ort aufgestellt so das sie in der Regel am heiligen Abend blühten.
Einige Volkskundler vermuten sogar in den "winterlich blühenden Kirschzweigen" den Ursprung unseres Weihnachtsbaumes. Das Blühen der Kirschblüten im Winter sollte auf jeden Fall ein wenig Licht in die düstere Jahreszeit bringen und galt auch als Glücksbringer für das anbrechende Neujahr.
Holzhandwerker vor allem Schreiner nutzen das Holz der Kirsche im Möbelbau und als Furnierholz, des weiteren wird es im Instrumentenbau und für Drechselarbeiten verwendet.
Auch die Heilkunde verwendete früher die Vogelkirsche als Heilmittel.
Vor allem die Blätter, die Stiele und das aus dem Stamm fließende Harz, das Gummi, waren als harntreibende, schleimlösende Mittel bekannt.
Die jungen Blätter können im Frühjahr gesammelt werden und passen gut in Hausteemischungen.
Der Tee aus getrocknetem Fruchtstein wirkt entwässernd und schleimlösend, besonders bei hartnäckigem Husten der Kinder.
Das Harz des Kirschbaumes, Katzengold genannt, löste man nach einer alten Vorschrift in Wein auf und erhielt so einen Hustentrank.
Die größte Heilwirkung aber sprach man dem aus den Früchten gebranntem Kirschwasser zu. Es war hochgeschätzt als wahres Wundermittel für den schwachen Magen, gegen Ruhr, Gicht, Fieber und viele andere gebrechen.
Kirschsaft ist blutbildend und wird als Diätgetränk bei niedrigem Blutdruck empfohlen.
Doch auch die Küche verwendet die wilden Süßkirschen die ein sehr gutes Gelee ergeben. Der Saft wird mit der gleichen Menge Zucker eingekocht. Für eine Marmelade werden sie entsteint und mit der gleichen Menge Zucker eingekocht. Je nach Geschmack kann man Zitronensaft, Kirschlikör oder Rum zufügen.
hukwa