Die Linde
Die Winterlinde ( Tilia
cordata Miller )
Die Sommerlinde ( Tilia
platyphyllos Scop. )
Die Linde kann ein Alter von
etwa 1000 Jahren erreichen und eine Höhe von über 30m. Mit Hainbuchen und
Eichen gemischt bildete sie einst im Osten Deutschlands ausgedehnte Wälder. In
den lockeren Bewaldungen der Berghänge und in den bunt gemischten Auwäldern,
die größere Flüsse begleiten, ist sie recht verbreitet. Die Linde ist einer
unserer Lieblingsbäume und wird gerne an Strassen, auf freien Plätzen oder vor
Wohnhäusern angepflanzt. Zahlreiche Sagen und Lieder knüpfen sich an sie;
unseren Vorfahren war sie ein heiliger Baum und unter der ehrwürdigen Dorflinde
berieten einst die ältesten der Gemeinde. Die Sommerlinde entfaltet ihr Laub
bereits Anfang Mai und hat große Blätter, in den Winkeln der Blattadern
weißliche Härchen, die Winterlinde hat an gleicher Stelle bräunliche Härchen.
Sie schlägt erst Mitte Mai aus. Der Stamm ist im Alter mit einer dunklen,
rissigen, Borke bekleidet und verzweigt sich schon in geringer Höhe. Voll
entwickelte Lindenblätter sehen herzförmig aus und haben ungleich große Hälften
– sie sind also unsymetrisch- und laufen in eine lange Spitze aus. Der
Blattrand ist scharf gesägt.In den Knospen sind keine Blütenanlagen
vorhanden.Die Blüten müssen sich an den jungen Trieben also erst bilden. Daher
blüht die Linde auch verhältnismäßig spät im Jahr. Bei der Sommerlinde sind die
Blütenstände gewöhnlich aus 2 oder 3, bei der Winterlinde dagegen aus 5 bis 7
gestielten Blüten
zusammengesetzt. Der untere
Teil des Hauptblütenstiels ist mit einem bleichen, pergamentartigen Deckblatt
verwachsen. Jede Blüte besteht aus 5 kleinen gelblichen Kelch- und 5
Blumenblättern, zahlreichen Staubblättern und einem Stempel.
Da die Blüten reich an
Nektar sind und einen herrlichen Duft aussenden, ist die blühende Linde oft von
Tausenden von Insekten umschwärmt. Im Herbst löst sich der Fruchtstand mit dem
Flügelartigen Deckblatt vom Zweig und fällt in langsam drehender Bewegung zur
Erde herab. Hierbei wird er leicht vom Wind erfasst und weit verweht. Das
Deckblatt ist also ein Mittel zur Verbreitung der Pflanze. Die Nussartigen
Früchte enthalten gewöhnlich nur einen Samen. Sie öffnen sich bei der Reife
nicht. Beide Lindenarten bastardieren oft miteinander so das in manchen
Gegenden reine Arten
seltener anzutreffen sind. Einer dieser Kreuzungen ist die Holländische Linde (
Tilia x europae ). Diese Form übertrifft ihre Eltern meist an Wuchshöhe ( bis
40m ) und Schönheit der Kronenentwicklung. Die meisten Merkmale stehen ziemlich
in der Mitte der Elternarten.Am zuverlässigsten sind vielleicht die
weißlich-bräunlichen Haarbüscheln auf der Blattunterseite in den Achseln der
Blattnerven und die leicht eiförmigen, bis 8mm großen, undeutlich kantigen und
behaarten Kapselfrüchten. Die Krimm-Linde ( Tilia xeuchlora ) ist ein Bastard
unbekannter Herkunft, der durch seine sehr großen, bis 15cm langen, am Grund
stark schief-herzförmigen, oberseits glänzend dunkelgrünen Blätter
gekennzeichnet ist.
Es ist ein meist kleinerer
Baum bis 15m Höhe, immer mit überhängenden Zweigen, auch weitere Äste meist
stark hängend. Häufig in Alleen und Parks gepflanzt. Eine weitere Lindenart die bei uns in Parks zu
finden ist, ist die aus Südosteuropa und Asien stammende Silberlinde ( Tilia
tomentosa ). Diese Art hat sich in den vergangenen Jahren als wesentlich
beständiger gegen die Luftverschmutzung mit Staub und Abgasen von Verkehr,
Industrie und haushalten erwiesen. Eine als Hängenden-Silber-Linde ( Tilia
petiolaris ) bezeichnete form ist möglicherweise keine selbstständige Art,
sondern eine seit langem angepflanzte Varietät, der Silber-Linde, eventuell
auch ein Bastard mit einer vorderasiatischen Art.
Dr. Heinrich Marzell
schreibt in seinem volkskundlichen Baumbuch: Wenn einmal in allen deutschen
Landen, die Lindenbäume zusammengestellt werden sollten, an die sich Sagen,
Legenden , oder irgendwelche geschichtlichen Erinnerungen knüpfen, so bekäme
man eine recht stattliche Zahl zusammen. Vielleicht würde hier sogar die Linde
, der eiche den Rang ablaufen, die man doch sonst gemeinhin als den
volkstümlichsten Baum der Deutschen betrachtet. Wohl das größte Lindendenkmal
pflanzte Ovid in seinem Philemon und Baucis in dem er Baucis von den Göttern in
eine Linde verwandeln ließ. Philemon wurde zur Eiche. In Griechenland galt die
Linde als der heilende Baum schlechthin; ihre Blüten galten als eines der
ältesten bekannten Heilmittel. Außerdem nutzte man den Lindenbast zur
Herstellung von Papier; in Streifen zerrissen diente der Bast zur Weissagung.
Die Linde ist der klassische
Baum unserer Dörfer und Städte. Unter einer Linde soll der Zwergenkönig Laurin,
die Schwester Dietrichs von Bern geraubt haben und unter ihr besiegte Siegfried
den Drachen. Die Germanen, verehrten Freya, die Göttin der Liebe und des Glücks
in der Linde. Walther von der Vogelweide bereitete sein berühmtes Liebeslager
aus Heidenkraut und Rosen unter einer Linde. In seiner Geschichte, „ die drei
Linden „ hat Hermann Hesse über ein Lindenurteil geschrieben. Sehr häufig ist
auch in der frommen christlichen Legenden von der Linde die Rede. Die Kirche
hat aus den alten Freya-Linden, die Maria-Linden gemacht. Die Linde galt im
Mittelalter als ein Baum der Hexen abwehrt. Damit die Hexen in der
Walpurgisnacht keinen Zutritt zu den Ställen haben sollten, band man dem Vieh
Lindenbast um die Hörner. Über die Linde in der Pfalz schreibt Julius Wilde
1936 : „ Schulz bezeichnet nach den Angaben Kochs die Großblätterige Linde nur
auf dem Remigiusberg bei Kusel als wirklich einheimisch, während er für die
kleinblättrige Art die Wälder bei Stromberg, Wolfstein, Kaiserslautern und den
Hagenauer Forst als wirklich ursprünglich ansieht. Er vermerkt jedoch weiter,
das beide Arten, viel in Wäldern und an Spazierwegen angepflanzt werden. Heute
hat sich die Linde wieder mehr aus den Wäldern zurückgezogen, den nach Angaben
von Forstdirektor Keiper ( 1936 ) sind in unserer Pfalz von 57 Forstämtern, 15
völlig Lindenleer, während sie in 18 vereinzelt, in 16 mehrfach und nur in 8
verhältnismäßig häufig vorkommen. Es sind dies: im südlichen Pfälzerwald,
Fischbach und Schönau, im mittleren, Waldleiningen und Johanniskreuz und am
Donnersberg , Kirchheimbolanden und Winnweiler.
Heute finden wir die Linde
auch an vielen Autorastplätzen, die jedoch Autofahrer in der Regel meiden, da sie
den Honigtau auf dem Lack ihres Lieblingskindes fürchten.
In vielen Orten Deutschlands
ranken sich Sagen und Legenden um den Lindenbaum. In der Pfalz kennt man das
„Lindenmütterchen“, das einst im Schlosshof der Burg Lindelbrunn einen
Lindenzweig mit den Worten in die Erde stieß: „Wachse und falle mit diesem
edlen Haus auch die Erzählungen vom „Lindenschmied“ und „Lindelbrunn“. Auf dem
„Lindenplatz“ bei der Hartenburg stehen
einige alte Linden worüber eine pfälzische Sage erzählt: Die Linden waren den
Herren der Hartenburg der liebste Baum. Wurde dem Hause der Leininger ein Sohn
geboren, wurde auf dem Vorplatz des Schlosses auch eine Linde gepflanzt. Wie
wichtig die Linde den Leiningern war, zeigt ihr Wappen: ein Lindenbaum mit
silbernen Blüten im Helmzier ihres Wappens.
Der einzige Baum der im
Nibelungenlied erwähnt wird ist die Linde weil unter ihr Siegfried den Lindwurm
tötete. Als er im Blut des Drachens badete fiel ein Lindenblatt zwischen seine
Schulter und schuf damit jene verwundbare Stelle in die später Hagen seinen Speer bohrte, dies geschah am von
einer Linde beschatteten Brunnen. Von
der „Korbianslinde“ bei Freising erzählt die Sage: „Solange die Linde besteht
wird Freising gedeihen“. In der schweiz
in der Nähe von Habsburg steht eine Linde unter der schon der heilige Gallus
(550-645 n. Chr.) gepredigt und geweissagt hat von ihr heißt es „wenn einst der
Schatten dieser Linde die Habsburg erreicht, wird die Welt untergehen.“
Wir begegnen der Linde auch
oft als Schicksals und Familienbaum. Nach einer schwedischen Sage sollen die
Familiennamen Linnaeus, Lindelius und Tiliander nach einer mächtigen Linde mit
drei starken Hauptästen, ihren Namen genommen haben. Als die Familie Lindelius
ausstarb, vertrocknete einer dieser Hauptäste.
Nach dem Tode der Tochter des berühmten Botanikers Linne, hörte der
zweite Ast auf Blätter zu treiben, und als der letzte der Familie Tiliander
starb vertocknete auch der dritte Ast. Mannhardt berichtet in seiner „Wald- und
Feldkunde“, dass der abgestorbene Stamm dieser Linde noch lange Zeit stand und
vom Volk verehrt wurde.
Alfred Klos berichtet in
seinem Artikel: Volkskundlicher Beitrag zu Freyas heiligem Baum: „Eine Legende
bringt die Linde in enge Verbindung mit dem Ursprung eines bekannten
Wallfahrtsortes in Ostpreußen (heute polnisch). In der Stadt Rastenburg war
einst ein Angeklagter zum Tode verurteilt worden. Da erschien ihm die heilige
Jungfrau, tröstete ihn und gab ihm ein Stück Holz und ein Messer, mit dem
Auftrag etwas zu schnitzen. Er schnitzte daraus ein Marienbild mit dem
Christuskind auf den Armen. Als die Gerichtsherrn das Bild sahen und von der
Erscheinung der Jungfrau hörten, erachteten sie dies als ein Wink von oben und
gaben dem verurteilten die Freiheit. Dieser trug das Bild zu einer alleinstehenden
Linde und hängte es an ihr auf. Seitdem verlor der Baum seine Blätter nicht
mehr und blieb immer grün. Wegen dieses Wunders holten die Rastenburger das
Bild von seinem Platze und brachten es in ihre Kirche. Da es aber am nächsten
Morgen wieder an der Linde hing, baute man unter ihr eine Kapelle. So soll der
im Osten so bekannte Wallfahrtsort „Heiligelinde“ entstanden sein.“
Die Linde war der Freya
geweiht und war somit gegen Blitz gefeit. In manchen ländlichen Gegenden ist es
heute noch üblich nach einem gewitterregen unter eine Linde zu eilen und sich
von dem herabfallenden Tropfen etwas benetzen zu lasen; denn dieses
„Lindenwasser“ schützt nach einem Volksglauben gegen viele Krankheiten und
Unglück.
Natürlich musste der Linde
auch ein Baumgeist innew(ohnen der die Menschen vor Zauberei und Bösen
schützte. In Niederösterreich steckt man am Johanni Tag vor Sonnenaufgang
Lindenzweige über die Haustüre um somit Einbrecher fernzuhalten. Damit die
Hexen in der Johannisnacht nicht die Viehställe aufsuchen, bindet man den Kühen
Lindenbast um ihre Hörner. Ein Lindenast an die Türe angebracht hält Hexen
fern. Wer auf zauberische Weise Ungeziefer auf seinen Getreideacker bekam,
konnte diese durch streuen von Lindenkohlenasche wieder vertreiben, lässt und
Kloss wissen und fährt fort…Früher gab es kaum eine Kirche bei uns, vor deren
Eingang keine Linden standen; denn wenn Hochzeitspaare (nach altem Glauben)
unter Linden in die Kirche gehen können, dann gab das eine glückliche Ehe. Erst
im Jahre 1962 wurden die letzten 220jährigen Linden vor dem Kircheneingang in
Miesau niedergelegt. Noch vor siebzig Jahren war es in Miesau Brauch, dem
geliebten Mädchen in der Walpurgisnacht einen schönen Lindenzweig vor die
Haustür zu stellen.
In vielen Flurnamen taucht
die Linde auf. Im Stiftswald bei Kaiserslautern gibt es „Lindenköpfe“, bei
Kriegsfeld einen „Lindenbühl“. In Gehrsweiler, Dellfeld und Fleckenfeld sind
„Lindenberge“ bekannt. In Jakobsweiler gibt es einen „Lindenbusch“, in Nussbach
ein „Lindenthal“ und in Schopp einen „Linnedeich“. In Blieskastel finden wir
einen „Lindenfels“. Einen Lindenhof gibt es in Kaiserslautern, Rockenhausen und
bei Steinweiler. „Lindenschachen“ werden um 1600 im Reichswald und Jägersburg
und 1547 bei Ottweiler und Einsiedlerhof benannt. Eppenbrunn und Ludwigswinkel
haben einen „Lindelkopf“. (Th. Zink: pfälzische Flurnamen).
hukwa