Ein Beitrag zur Deutung des pfälzischen Märchens
In Dansenberg bei Kaiserslautern entdeckte man vor Jahren
ein Jägerzelt der Altsteinzeit. Untersuchungen ergaben damals dass es sich um
ein Jägerzelt handelte, welches in Jungpaläohitizum, frühes Aurignazien, der
vorletzten und letzten Eiszeit benutzt wurde. Die Menschen die hier für einige
Zeit siedelten kamen wahrscheinlich aus Norddeutschland bzw. aus dem
nordfranzösischem Raum.
Bei den damaligen Grabungen fanden sich handliche Steine in
einem lockeren, doch erkennbaren Oval. Es waren die Überreste der Steine, mit
denen man die Felle des Zeltes befestigte. Der Innenraum hatte einen
Durchmesser von 2,5 bis drei Meter. Im Norden des Zeltraums befand sich eine
massive Holzkohlekonzentration, die teilweise mit Steinen umstellt war. Das war
die Feuerstelle. Der Laufhorizont war mit verwehter Holzkohle bedeckt.
Vier Steinbeile die man fand lassen eine jungsteinzeitliche
Siedlung vermuten. Wahrscheinlich handelte es sich um eine Sippe die eine
Rentierherde verfolgte und für einige Zeit auf dem „Dansenberg“ siedelte.
Schon gegen Ende der Eiszeit gelangten nomadisierende Jäger
aus Südosteuropa während der Sommermonate bis Norddeutschland. Im Herbst zogen
sie mit den Rentieren südwärts. Sie folgten ihren Jagdtieren, die damals nach
Norden auswischen so gelangten sie auch nach Skandinavien. Seit ungezählten
Jahrtausenden war ihr Dasein auf den Lebensrhythmus dieser Jagdtiere
abgestimmt. Sie versorgten diese Jäger nicht nur mit Nahrung, sondern mit allem
Material das sie für ihr Überleben benötigten: Waffen, Werkzeuge, Kleidung,
Zelte und Kultgegenstände. In dieser Zeit traten die ersten Höhlenmalereien,
Tierplastiken und Venusfiguren auf. Diese Venusfiguren sind gesichtslos es
handelt sich ausschließlich um weibliche Figuren. Ihr massiger Körper, der die
Symbole der Fruchtbarkeit eindringlich betont, trägt fast immer einen
ungestalteten Kopf, dem nicht nur alle Individualität, sondern auch jegliche
Andeutung von Gesichtszügen mangelt. Das bekannteste dieser steinzeitlichen
Urbilder ist die „Venus von Willendorf“, die in Niederösterreich gefunden
wurde. Sie entstand etwa um 25 000 v. Z.
und ist 11cm. Groß. Sie wurde 1908 entdeckt und gilt als so kostbar dass
sie der Öffentlichkeit erstmals 1998 gezeigt wurde. Diese kleinen Venusfiguren,
die man an vielen Orten Europas fand zeugen von einer einstigen
„Mutterreligion“, von einem „Muttergottglauben“ deren Wurzeln bis in die
Steinzeit zurückreichen und dessen Symbolik noch heute im europäischen Märchen
vorhanden ist. Symbole wie Hirsch – Hirschgeweih, Rentier, Einhorn, Apfel usw.
haben sich als Reste eines sehr alten Urglaubens der Menschheit in unseren
Märchen erhalten. Dieser Glaube zieht sich wie ein roter Faden durch Religion
und Glauben aus der Jungsteinzeit bis zu den Kelten und Germanen.
Die Wurzel des pfälzischen Märchens dürfte zum größten Teil
der keltischen Zauber und Feenwelt entspringen. Die Pfalz war vor dem
Eindringen der Römer reines Keltenland. Auch die Megalithkultur, über die wir
so gut wie nichts wissen, hat in der Pfalz zahlreiche steinerne Zeugen
hinterlassen. Der Volkskundler W.E. Peuckert nähert sich dem Ursprungsproblem
des Märchens über das Neolithikum. Nach seiner Ansicht enthalten die Märchen
das Gepräge einer auf dem Matriarchat aufgebauten ackerbauenden Gesellschaft.
Seine Theorie beruft sich auf Sexual- und Fruchtbarkeitssymbole im Märchen.
Zweifelsohne hat diese Symbolik eine äußerste dominierende Rolle im Märchen.
Auch die Megalithkultur spielte in Peuckerts Untersuchungen eine wichtige
Rolle. Allerdings wissen wir heute immer noch nicht wer diese steinerne Gebilde
überhaupt erschaffen hat. Wir wissen nur das ihre Verbreitung mit dem ende der
Jungsteinzeit also etwa 2000 v. Z. begann. Dass sie in die Märchen als
Bestandteil eindrangen ist anzunehmen.
Beim Fragen nach dem „Ursprung“ von etwas , wird erwartet,
dass von der Eigenart des Entstehens Licht auf das Entstandene selbst fällt;
Seine „Ur – Wesenheit“, das heißt sein Wesen in ursprünglicher Reinheit ohne
nachträgliche Überwachsungen und Entstellungen, zugleich seine Bedeutung wird –
so hofft man – dabei miterfasst.
„Vor allem dann, wenn der zeitliche Anfang in nebelhafter
Ferne oder wie bei dieser Abhandlung – in der Vergangenheit – liegt und
deswegen kaum Aussicht besteht, ihn noch irgendwie erreichen zu können (Wir
werden wohl nie erfahren wer die Menhire erschaffen hat).
Das pfälzische Märchen hat wohl keine Urform jedoch einen
Ursprung, der wohl irgendwo in der Steinzeit zu suchen ist. Die Pfalz war immer
Durchzugsgebiet verschiedener Völker die hier einen Teil ihrer Kultur
zurückließen und diese Kultur vermischte sich im Pfälzer Märchen. Wir können
uns also bei diesem Märchen auf die Suche von Ursymbolen begeben, die in ihm
immer wieder erscheinen und werden gewiss auch fündig werden.
Zum Beispiel bei dem Märchen „die Schlangenkönigin vom
Vogelwoog und das Hütterer Mädchen: „Einst ging ein junges Mädchen von
Erzhütten zum Vogelwoog um Kleider zu waschen. Es legte seine Weste auf eine Wiese
und auch sein Kopftuch, da es sehr heiß war. Eine Schlangenkönigin die sich aus
dem Wald näherte legte ihre Krone auf den Kleidungsstücken ab, weil sie in dem
Waldweiher ein kühles Bad nehmen wollte. Als sie ins Wasser glitt nahm das
Mädchen die Krone an sich und lief schnell zurück nach Erzhütten. Als die
Schlange dies bemerkte folgte sie dem Mädchen, dieses hatte sich inzwischen in
der einfachen Hütte in der es hauste eingeschlossen. Die Schlangenkönigin
sprang gegen die Tür so dass diese zerbarst, aber auch die Schlange kam dabei
ums leben. Das Mädchen konnte somit die goldene Krone für immer behalten.“
Versuchen wir das Märchen zu deuten: Der Stadtteil Erzhütten
wurde im 18.Jahrhundert als Erzgräbersiedlung bei Kaiserslautern gegründet.
Also in einer Zeit da man davon ausgehen konnte das die Märchen schon „im
Umlauf waren und keine neuen mehr erfunden wurden“. Der Stadtteil Erzhütten war
eine Erzgräbersiedlung bestehend aus armseligen Hütten die von einer armen
Bevölkerung bewohnt wurden. Diese Bevölkerung kam vorwiegend aus dem Lautertal
(Wolfstein-Lauterecken) und der Sickinger Höhe (Bann-Landstuhl). Das Märchen
musste also von woanders her mitgebracht worden sein und erfuhr hier nun seinen
ätiologischen (Herkunftssage) Hintergrund: Alte Hütte und Waldweiher. Erzhütten
liegt mitten im alten Reichsland (Reichswald) der in frühester Zeit von den
Kelten besiedelt war was wir von wichtigen Funden her wissen. Auch die
Bevölkerung die sich hier angesiedelt hatte kam aus ehemaligem keltischem
Siedlungsgebiet. Sickinger Höhe und Nahe-Glan Gebiet. Das wichtigste Symbol in
diesem Märchen ist die Schlange und die Krone, die Schlangenkönigin. Die
Schlange selbst ist ein urkeltisches Symbol der Fruchtbarkeit. Die Kelten
verehrten eine Erdschlange – die Widderkopfschlange, auch der Widder war bei
ihnen ein Symbol der Fruchtbarkeit. Die Krone ist ein verstecktes Symbol für
das Geweih des Widders. Auf dem berühmten „Kessel von Gundestrup“ findet sich
neben dem Gott mit dem Hirschgeweih auch der Gott mit der keltischen Schlange
(Schlange mit Widderkopf). Der Schlangengott der keltischen Mythologie ist vom
Hirschgott nicht zu trennen. Er ist auch als Fruchtbarkeitsgott gedacht,
gleichzeitig aber auch als Gott der Unterwelt, zu der die Schlange gehört.
Dieser Gott wurde oft an heiligen Quellen und wehern oder Flüssen verehrt,
diese Plätze spielen in der keltischen Mythologie eine besondere Rolle.
So hat sich das Märchen von seiner keltischen Urform ins
18.Jh. hinüber gerettet in dem es eine andere Kleidung annahm und in dem es
sich seiner Umgebung anpasste: ärmliche Hütte dazu der Gegensatz einer
wertvollen goldenen Krone. Das arme Volk träumte den Traum von Reichtum, also
flossen diese Träume in jene Märchen keltischen Ursprungs in denen man sie am
besten formen konnte um sich diese selbst zu eigen zu machen.
hukwa