Freitag, 5. Juni 2009

Naturrecht ist Mutterrecht

Jedes mal,wenn ich ein Problem habe das in irgend einer Weise mit dieser Gesellschaft zusammenhängt, laufe ich hinaus in die freie Natur an einen Platz den ich mag, zu einer Blumenwiese, einem schönen Baum oder einer romantischen Quelle und alsbald verspüre ich eine tiefe Ruhe die über mich kommt. Irgendwann kommt dann der Moment wo ich mit meiner Umgebung verschmelze. Das Problem das ich mit mir herumtrage fällt von mir ab, die Natur erleichtert mich. Ich habe es nie anders erlebt, immer hat sie einen Zuspruch für mich parat. Dies gehört zu meinem Naturrecht. Ich komme aus ihr, ich gehöre ihr, mein Gefühl kommt aus ihr, mein Geist stammt aus ihr und irgendwann nimmt sie mich ganz auf. Aus ihr habe ich mich entwickelt, deshalb gehöre ich zu ihr. Ich gehöre ihr wie ein Sohn seiner Mutter gehört. Unter den Menschen ist es so das irgendwann, die Kinder den Müttern entwachsen sind, in der Natur ist es so, das wir ewig die Kinder unserer Mutter sind. Naturrecht ist ewiges Mutterrecht. Entwöhnen wir uns unserer Mutter Natur, ist dies immer sehr schmerzhaft für uns. Alle ökologischen Krisen beruhen ja letztendlich darauf das wir unser Mutterrecht nicht mehr wahrgenommen haben. Viele haben damit begonnen das was wir lieben sollen zu hassen, sie merken nicht das, wenn sie die Erde zerstückeln, sie dabei sind ihre eigene Mutter zu zerstören.
Spürten dieses Mutterrecht nicht auch Rousseau, Goethe und der junge Schelling besonders?
In seinen Naturwissenschaftlichen Abhandlungen schreibt Goethe 1782: "Natur! Wir sind von ihr umgeben und umschlungen – unvermögend, aus ihr herauszutreten, und unvermögend, tiefer in sie hineinzukommen. Ungebeten und Ungewarnt nimmt sie uns in den Kreislauf ihres
Tanzes auf und treibt sich mit uns fort, bis wir ermüdet sind und ihrem Arm entfallen.
Sie schafft ewig neue Gestalten; was da ist, war noch nie; was war, kommt nicht wieder – alles ist neu und doch immer das alte". Und in der Geschichte meines botanischen Studiums schreibt er:" Indessen sich dergestalt meine botanischen Kenntnisse und Einsichten in lebenslustiger Gesellschaft erweiterten, ward ich eines einsiedlerischen Pflanzenfreundes gewahr, der mit Ernst und Fleiß sich diesem Fache gewidmet hatte. Wer wollte nicht dem im höchsten Sinne verehrten Johann Jakob Rousseau auf seinen einsamen Wanderungen folgen,
wo er, mit dem Menschengeschlecht verfeindet, seine Aufmerksamkeit der Pflanzen und Blumenwelt zuwendet und in echter, gradsinniger Geisterkraft sich mit den stillreizenden Naturkindern vertaut macht."
Die große Kraftquelle in Rousseaus Leben, der Gegenpol seines problematischen Verhältnisses zu den Menschen, ist sein Erleben mit der Natur. In einen Brief schreibt er 1762."Aber was genieße ich denn, wenn ich mit mir allein bin? Ich genieße mich selbst, das gesamte Universum, alles was ist und was sein kann, alles was es Schönes in der sinnlichen Welt, in der Welt der Phantasie und in der intellektuellen Welt gibt. Welche Zeit meines Lebens ist es, die ich mir am liebsten in meinen schlaflosen Nächten zurückrufe, und auf die ich am häufigsten in meinen Träumen zurückkomme? Es sind die zeiten meiner Zurückgezogenheit; es sind meine einsamen Spaziergänge; es sind jene flüchtigen, aber köstlichen Tage, die ich ganz mit mir allein verbracht habe, mit meiner schlichten und guten Gefährtin, mit meinem Hund, meiner Katze, mit den Vögeln im Feld und den Tieren des Waldes, mit der ganzen Natur und ihrem unfassbaren Schöpfer. Wenn ich mich vor Tage erhob, um das erwachen der Sonne in meinem Garten zu betrachten und zu genießen, wenn ihr Aufgang einen schönen Tag versprach, so war das, was ich mir zuerst wünschte, dass weder Briefe noch Besuche seinen Zauber störten... Ich schuf in meiner Phantasie ein goldenes Zeitalter und ich wurde bis zu Tränen gerührt, wenn ich an die wahren Freuden der Menschheit dachte, an jene so köstlichen und reinen Freuden, die jetzt dem Menschen so fern und entrückt sind."

Für den jungen Schelling war die Natur Urkraft, ja Urgeist, das sich-selbst-bewusst-Werden der Natur, hat er in einem wunderschönen Gedicht festgehalten:
muss sich unter Gesetze schmiegen,
ruhig zu meinen Füßen liegen.
Steckt zwar ein Riesengeist darinnen,
ist aber versteinert mit seinen Sinnen,
kann nicht aus dem engen Panzer heraus,
noch sprengen das eiserne Kerkerhaus,
obgleich es oft die Flügel regt,
sich gewaltig dehnt und bewegt,
in toten und lebendigen Dingen
tut nach Bewusstsein mächtig ringen. –
Allmählich lernt er im Kleinen Raum gewinnen,
darin er zuerst kommt zum Besinnen.
In einem Zwergen eingeschlossen
von schöner Gestalt und graden Sprossen,
heißt in der Sprache Menschenkind,
der Riesengeist sich selber findt.
Vom eisernen Schlaf, vom bangen Traum
erwacht, sich selber erkennend kaum,
über sich so gar verwundert ist,
mit großen Augen sich grüßt und mißt.
Möchte alsbald wieder mit allen Sinnen
in die große Natur zerrinnen...

Hier hören wir überall den gleichen großen Lobgesang auf unsere alte Mutter heraus. Bei Ihr,
In Ihr sind wir zu Hause.
hukwa